Die Entdecker von Exoplaneten erhielten 2019 den Nobelpreis für Physik. Sie waren die Ersten, die zeigten, dass es fast jede Welt gibt, die nur vorstellbar ist. Keiner dieser neuen Himmelskörper bietet jedoch so gute Bedingungen wie unsere Erde.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 4 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das Jahr 2019 stand im Zeichen der Astronomie. Didier Queloz und Michel Mayor erhielten den Physik-Nobelpreis für den 1995 gelungenen, erstmaligen Nachweis eines Exoplaneten. Seitdem wurden tausende Planeten um andere Sterne identifiziert. Eine neue Klasse von Teleskopen soll sie nun charakterisieren, um herauszufinden, wie sie beschaffen sind und ob sie Voraussetzungen für Leben bieten. Denn die bisher entdeckten Exoplaneten sind für menschliches Leben wie ein Little Shop of Horrors - das heißt: eiskalt, rasend um ihre Achse rotierend oder ihrem Zentralgestirn stets dieselbe Seite zuwendend, wodurch deren eine Hälfte geröstet und die andere tiefgefroren wird.
Die Suche nach Planeten, auf denen höheres Leben möglich ist, gestaltet sich dementsprechend schwierig. Dies gilt auch für unsere unmittelbare Nachbarschaft. So will die US-Raumfahrtbehörde Nasa Astronauten zum Mars schicken. Dort aber könnten wir nie ohne Schutzkleidung herumlaufen. "Die Marswinde könnten wir nicht auf der Haut spüren, da diese an den irdischen Druck von einem Bar angepasst ist. In der dünnen Mars-Atmosphäre ist er aber 1000 Mal geringer. Das würde unser Blut zum Kochen bringen", erklärt Luca Fossati vom Institut für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz. Der Exoplaneten-Forscher geht nicht davon aus, dass es auf dem Roten Planeten jemals höheres Leben gab.
Auf unserem inneren Nachbarn Venus herrschten vor vielen Millionen Jahren günstigere Bedingungen. Er bewegte sich in der bewohnbaren Zone, da die Sonne damals weniger Energie abstrahlte als heute. Aus diesem Grund war es weder zu kalt noch zu heiß für flüssiges Wasser. Dennoch führte die Kohlendioxid-Atmosphäre der Venus offenbar nicht zu dem, das auf der Erde geklappt hat.
Zwei Schatten statt einem
Jenseits des Sonnensystems ist es noch erheblich ungemütlicher. Planeten wie unserer sind, so scheint es, entweder sehr rar, oder wir suchen mit zu primitiven Mitteln nach ihnen. "Alles, was man sich vorstellen kann, existiert", betont Fossati. Seine jüngste Entdeckung sind drei Planetensysteme, die erstmals Rückschlüsse auf die geologische Zusammensetzung von Exoplaneten erlauben. Ihr Mutterstern heizt sie jedoch auf 1100 bis 1800 Grad Celsius auf. Bei solchen Hitzen können Himmelsobjekte ihre felsige Oberfläche verlieren.
Kühler ist es im 40 Lichtjahre entfernten Trappist-1-System. Dort ist der Himmel wohl rot, zumal der Zentralstern ein massearmer roter Zwerg ist. "Das Trappist-System ist verrückt", sagt Fossati. "Sieben felsige Planeten umkreisen ihren Stern so eng wie eine Familie, die um ein Lagerfeuer sitzt. Sie erscheinen am Himmel in etwa so groß und so nahe wie sieben Erdmonde. Man könnte Ausflüge machen: Wer Eis will, begibt sich zum Äußersten, wer Lava will, zum Innersten." Immerhin kreist der vierte Planet im bewohnbaren Radius des rot-kühlen Sterns.
"Wo das Nachtleben nie aufhört": Mit diesem Slogan bewirbt die US-Weltraumbehörde den nur neun Lichtjahre entfernten Planeten PSOJ318.5-22. In Grafiken, die an Werbeplakate für Ferienreisen erinnern, porträtiert die Nasa die Entdeckungen ihres Weltraumteleskops Kepler. PSOJ318.5-22 ist ein Planet ohne Heimatstern. Er vagabundiert ohne Orbit durchs All. Auf den Planeten dieser speziellen Kategorie ist es immer Nacht. Einer These zufolge wurden sie nach Zusammenstößen mit anderen Himmelskörpern aus jungen Sonnensystemen katapultiert.
Niederschläge aus Glas
Seltsam wären die Schattenspiele auf Kepler-16b. Wir könnten uns dort stets sturzbetrunken fühlen, denn wir würden ständig unseren Schatten doppelt sehen. Das liegt daran, dass Kepler-16b um einen Doppelstern kreist, ähnlich wie Luke Skywalkers Planet Tatooine im Film "Star Wars". Der Gasriese, dessen Temperatur jener von Trockeneis gleichkommt, holt den filmischen doppelten Sonnenuntergang in das Reich der Fakten.
Kepler-186f, ein 2014 entdeckter, 490 Lichtjahre entfernter Exoplanet, ist der erste so groß wie die Erde, der in der bewohnbaren Zone seines Sterns nachgewiesen wurde. Falls es dort Pflanzen gibt, könnten sie statt grasgrün einfach knallrot sein. Die Nasa hält es für möglich, dass rote Wellenlängen ein anderes Spektrum im pflanzlichen Stoffwechsel erzeugen.
Besonders widerlich würde sich unser Leben auf HD189733b gestalten. Seine hübsche, kobaltblaue Erscheinung kommt von tödlichen Niederschlägen. Denn das Blau ist nicht Wasser, sondern atmosphärischen Wolken aus winzigen Glastropfen geschuldet, sodass uns Windhosen mit Millionen von winzigen Schnitten treffen würden. Noch infernalischer sind die Niederschläge freilich auf dem 1000 Lichtjahre entfernten HAT-P-32b, denn seine Wolken bestehen sogar aus Eisen-Tröpfchen. Wohltuender Wasserregen wie bei uns ist, wie es scheint, die Ausnahme.
Doch auch bei Mutter Erde waren die Vorzeichen alles andere als optimal. Wegen der damals geringen Strahlkraft der Sonne hätte die junge Erde total vergletschern müssen. Als blitzweiße Eiskugel hätte sie Licht, und damit Wärme, immer nur abgestrahlt. Bis heute hätte kein intelligentes Leben entstehen können, wenn es in der frühen Erdgeschichte keinen Treibhauseffekt gegeben hätte, der Teile des Sonnenlichtes im System hielt. Kohlendioxid, Methan und Wasserdampf machten es möglich. Allerdings wäre der Blaue Planet zu einer zweiten Venus verkommen, wenn sich sein Wasserdampf nicht verflüssigt hätte. Es regnete, und der massive Treibhauseffekt regulierte sich selbst. Im Laufe der Zeit bildete sich Sauerstoff.
Stabilität der Evolution
Warum ist das für uns relevant? "Ich stehe auf der Erde, atme, trinke Wasser und mache mir in der meisten Zeit keine Gedanken darüber, woher das alles kommt", sinniert Harald Lesch, Astrophysiker an der Ludwig-Maximilians-Universität München, in einem Video zu seinem Buch "Was hat das Universum mit mir zu tun?". Atemluft, Wasser und alle Stoffe, die wir aus der Umgebung aufnehmen, befördern das Leben. Der Körper holt sich daraus die Energie, die er braucht, um seine Struktur aufrecht zu erhalten und dem Chaos zu widerstehen.
Vor einer Milliarde Jahren trennten sich Pflanzen von Tieren in der Evolution. Wir Menschen entspringen vermutlich Ur-Bakterien. Heute teilen wir eine Linie mit den Schimpansen und, auf molekular-struktureller Ebene, unser Erbgut mit allen Lebewesen. Alles Leben auf der Erde ist das Ergebnis einer ungebrochenen chemischen, molekularen und biologischen Evolution. Wissenschafter gehen davon aus, dass selbst Massensterben es nicht gänzlich auslöschen konnten. "Um diese Art von Stabilität zu gewährleisten, mussten sich die Atome und Moleküle nach den immer gleichen Regeln zusammentun und mit der Außenwelt verbinden", sagt Lesch.
Auch Wechselwirkungen zwischen Massen, Kräfte zwischen Teilchen und Wellen zwischen Trägern spielen eine Rolle bei der Strukturierung. "Die Voraussetzung, dass wir überhaupt hier sein können, ist dass das Universum sich nicht permanent verändert und die Naturgesetze überall gültig sind." Der Kosmos steuert Sauerstoff, Wasserstoff und Stickstoff bei. Die Erde dreht sich um die Sonne, der Mond um die Erde und beide um einen gemeinsamen Schwerpunkt, während die Sonne um das Zentrum der Milchstraße kreist. Diese Vorgänge wiederholen sich, weswegen die Erde Jahreszeiten kennt und das Meer Ebbe und Flut. Es gibt sogar Mistkäfer, die ihre Dung-Kugeln mit den Mondphasen drehen.
Auf keinem anderen Planeten können wir so fröhlich Silvester feiern wie auf unserem. Lasst uns anstoßen auf die Erde, dem besten Planeten von allen. Und lasst uns ihn nicht zugrunde richten.