Beschluss im Wiener Landtag. | Novelle tritt im November in Kraft.
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Wien. Straßenprostitution ist im Wohngebiet künftig nicht mehr erlaubt, Freier können bestraft werden und es gibt eine Melde- und Genehmigungspflicht für Bordelle. Unter anderem das sieht das neue Prostitutionsgesetz vor, das am Donnerstag im Wiener Landtag beschlossen wird - allerdings ohne die Zustimmung der Opposition.
Dabei wurde der Entwurf auf Wunsch der ÖVP noch durch einen Abänderungsantrag nachgebessert und der Begriff "Wohngebiet" im Gesetzestext noch genauer definiert - was wiederum die FPÖ zum Anlass nahm, den Entwurf als unausgegoren zu bezeichnen.
"Es waren alle Parteien eingebunden und es wurden alle Wünsche berücksichtigt, aber bei der Opposition ist das offensichtlich vergebene Liebesmüh’", hieß es dazu vonseiten der rot-grünen Stadtregierung.
Tatsächlich ist diesem Gesetz ein langer Entstehungs- und Diskussionsprozess vorausgegangen. So hatte man vonseiten der Stadt zuerst versucht, das Problem der Straßenprostitution durch einen sechsmonatigen Feldversuch zu lösen. Versucht wurde, die Straßenprostitution aus dichtbesiedelten Wohngebieten in zwei Straßenzüge im 15. Bezirk zu verlagern. Doch weder sozialarbeiterische Interventionen noch der verstärkte Einsatz der Polizei haben zum gewünschten Erfolg geführt. Allerdings waren die Erfahrungsberichte aller am Programm beteiligten Institutionen die Grundlage für das neue Gesetz.
Die wichtigsten Eckpunkte dieser Novelle:
Die Straßenprostitution bleibt erlaubt, aber nicht in Wohngebieten.
Wer ein Bordell eröffnen will, braucht eine behördliche Genehmigung, muss einen Strafregisterauszug vorlegen und eine Zuverlässigkeitsprüfung bestehen.
Ab einer bestimmten Größe des Bordells werden Aufenthalts-, Kochgelegenheiten und Spinde Vorschrift.
Freier, die außerhalb der erlaubten Zonen mit Prostituierten Kontakt aufnehmen, werden mit 500 Euro Geldstrafe sanktioniert.
Prostitution ist erst ab 18 Jahren erlaubt. Frauen, die jünger sind, werden nicht bestraft, müssen aber zur Beratung ins Jugendamt. Strafen für Sexarbeiterinnen werden herabgesetzt - etwa für das Anbahnen eines Geschäfts in einer verbotenen Zone. Damit soll verhindert werden, dass junge Frauen zur Bezahlung der Strafe erneut der sexuellen Ausbeutung durch Freier erliegen.
Um die Auswirkungen des Gesetzes genau zu beobachten, wird zudem eine Steuerungsgruppe eingerichtet - bestehend aus Vertretern von Polizei, NGOs, Magistrat und Politik.
Als "Wohngebiet" gelten übrigens jene Flächen, "welche mehrheitlich mit Gebäuden bebaut sind, die Wohnzwecken dienen, einschließlich aller Straßen, Parks und sonstiger öffentlich zugänglicher Flächen, die innerhalb solcher Gebiete liegen oder an solche angrenzen." Und die erweiterte Definition: "Als Wohngebiet gelten Flächen, für die im Flächenwidmungsplan die Widmungen ,Wohngebiet, ,Gemischtes Baugebiet, ,Kleingartengebiet oder ,Gartensiedlungsgebiet ausgewiesen sind."
Weiter Kritik
Doch die Opposition lässt weiterhin kein gutes Haar an dem neuen Gesetz. ÖVP-Sicherheitssprecher Wolfgang Ulm fehlt trotz genauerer Definition des Begriffes "Wohngebiet" Klarheit: "Geht es nach SPÖ und Grünen, kann Straßenprostitution künftig auch am Rathausplatz, am Heldenplatz oder am Dr.-Karl-Renner-Ring stattfinden." Weiters befürchtet Ulm, dass der Gürtel künftig weiterhin für Straßenprostitution offen steht.
"Der Gürtel ist Wohngebiet und de facto keine Prostitutionszone", meint man dazu im Büro der zuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger. Und doch besteht laut Gesetz die Möglichkeit zur Schaffung von zusätzlichen Erlaubniszonen, die von der Steuerungsgruppe definiert werden. "Da das Gesetz erst im November in Kraft tritt und man noch nicht weiß, wo sich die Szene ansiedeln wird, kann man zum Bedarf solcher zusätzlichen Zonen noch überhaupt nichts sagen", hieß es.
Die FPÖ fordert wiederum ein generelles Verbot der Straßenprostitution mit der Möglichkeit von Erlaubniszonen. Und die Reduktion der Strafen würde dazu führen, dass nur noch mehr junge Mädchen auf die Straße geschickt werden.
Laut der grünen Sozialsprecherin Birgit Hebein genügt es aber nicht, nach Verboten zu schreien: "Verbote lösen das Problem nicht, sondern verlagern es nur." Durch die Strafreduktion werde der Kreislauf der Kriminalisierung durchbrochen und durch die Beratungen Schutz für Minderjährige gewährleistet.