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Protektionismus ist keine Katastrophe

Von Gerhard Kohlmaier

Gastkommentare
Gerhard Kohlmaier ist in der Steuerinitiative im ÖGB aktiv.

Die Unterwanderung der Vorteile der internationalen Arbeitsteilung ist makroökonomisch gesehen auch nicht nur ein Nachteil.


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Die Empörung ist groß. Donald Trump macht nun Ernst mit dem Schutz der US-Wirtschaft und droht nach Einfuhrzöllen auf Aluminium und Stahl nun auch mit Importzöllen auf europäische Autos. Protektionismus, also Schutz der Warenproduktion im Inland vor zu vielen Waren aus dem Ausland, gilt unter zahlreichen europäischen Politikern als Verrat an der Idee des Freihandels, als eine größere Katastrophe. Aber sie kontern auf Trumps Vorstoß mit denselben Mitteln, indem sie Einfuhrzölle auf US-Produkte wie Jeans, Whiskey und Motorräder erwägen. Nicht so dramatisch, denn Protektionismus ist nicht per se schlecht.

Das neoliberale Credo von freien Märkten, ungehemmten Finanz- und Kapitalflüssen und internationaler Arbeitsteilung hat nämlich selbst eine Welt geschaffen, die alles andere als gerüstet für eine Zukunft zum Wohle möglichst vieler Menschen erscheint. Der freie Handel, das Verlagern von Produktionsstätten, das Hin- und Herkarren von Waren quer über die Welt haben zum Beispiel zu einer gigantischen Klimakatastrophe beigetragen, die unsere Nachfolgegenerationen mehr als in Atem halten werden.

Wenn Trumps Protektionismus die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung unterwandert, ist das makroökonomisch gesehen auch nicht nur ein Nachteil. Diese Arbeitsteilung ist nämlich auf lange Sicht nur sinnvoll, wenn Export und Import sich in den einzelnen Ländern die Waage halten beziehungsweise dies über Auf- und Abwertungen von Währungen erreicht wird. Das aber ist weltweit schon lange nicht mehr der Fall (siehe Nord/Süd-Gefälle in Europa).

Die von den Regierungen und der EU angepeilten und vorgegebenen Ordnungsrahmen der Staaten haben in erster Linie Großkonzernen gedient und einen ausufernden Finanzkapitalismus geschaffen. Für die autarke Versorgung eines Staatsvolkes wichtige Wirtschaftsbereiche wurden lahmgelegt. Globale Monopole entstanden, von denen mittlerweile nicht nur die Versorgung der Bevölkerung einzelner Staaten abhängt, sie nehmen auch zu eigenen Gunsten gezielt Einfluss auf politische Entscheidungen der Regierungen, und das nicht immer zum Wohl der einzelnen Länder.

Internationale Konzerne, aber auch das weltweit agierende Finanzkapital standen und stehen zudem seit Beginn der neoliberalen Ära unter einem ausgeprägten Protektionismus von Staaten, der EU, der WTO, der Zentralbanken usw. Durch diese Art von Schutz der Konzerne in Form direkter und indirekter Geldzuwendungen, aber auch durch die von Regierungen ermöglichte legalisierte Art der Steuerhinterziehung hat sich dieses Wirtschaften auch längst gegen die nationalstaatlichen Interessen gerichtet.

Die "unsichtbare Hand des Marktes" hat nicht Gleichheit und Ausgewogenheit geschaffen, sondern Ungleichheit. Und so führt der freie Handel immer mehr zum Gegenteil von Freiheit und Ausgeglichenheit. Statt ihn von einigen Großkonzernen bestimmen zu lassen, ist eine Einmischung des Staates, eine Stärkung nationalstaatlicher Interessen, keine Katastrophe, sondern eine Chance, Wirtschaft wieder so zu gestalten, dass sie dem Wohl der Menschen dient und diese nicht zu Sklaven von Finanz- und Machtinteressen einiger weniger werden.