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Protest in 90 Minuten

Von WZ Online

Wissen
Experiment-Basisdemokratie. Eine Dokumentation auf den Spuren der Uni-Proteste von 2009. (Foto: Austrianfilm)

Filmpremiere am 29. Oktober 2010. | Wien. Tweets statt einer Off-Stimme, die Betonung des Kollektivs statt einzelner Namen im Abspann sowie Jean Ziegler und Robert Menasse als umjubelte Helden: Die im Zuge der Besetzung des Audimax der Uni Wien vor einem Jahr entstandene "#unibrennt"-Bewegung ist wieder da. Statt in Hörsäle wird mit der Doku "#unibrennt" der "Bildungsprotest 2.0" (so auch der Untertitel) diesmal allerdings in die Kinosäle getragen - ab 29. Oktober ist die von den Protagonisten selbst initiierte 90-minütige Doku zum Audimaxismus in den österreichischen Kinos zu sehen.


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unibrennt" erzählt im Großen und Ganzen chronologisch die Geschichte der im Zuge der Audimax-Besetzung entstandenen Bildungsprotestbewegung von ihrem kometenhaften Aufstieg bis zum langsamen Versickern. Ähnlich ist auch der Duktus des aus rund 900 Stunden Material entstandenen Films: Die erste Stunde widmet sich einer Art "Best of" der Höhepunkte - Bilder von Festen und Demos werden mit wohlwollenden Kommentaren von Passanten gemischt, Gigs wie etwa der Polit-Punk-Band Anti-Flag oder von Gustav mit umjubelten Auftritten des Schweizer Globalisierungskritikers Jean Ziegler oder des Schriftstellers Robert Menasse.

Zwischen Dokumentation und Glorifizerung

Dass auch schon in den ersten Wochen die "Besetzung" des größten Hörsaals des Landes de facto nur am Abend stattfand, während tagsüber gerade eine Handvoll Aktivisten die Stellung hielt, verschweigt der Film vorerst. Stattdessen gibt es Halloween in der Volxküche und jubelt der Hörsaal, wenn der damalige Wissenschaftsminister Johannes Hahn (V) in einer Nachrichtensendung vorgeführt wird.

Die Reflexion über die Erosion der Bewegung setzt erst nach zwei Drittel des Films ein und verhindert nur haarscharf die vollständige Glorifizierung des Protests. "Warum kommt ihr nur zu Events" prangt dann an den Wänden, Besetzerinnen klagen ihr Leid, gleichzeitig setzen Streitigkeiten mit den Obdachlosen ein. Die Räumung des Hörsaals erscheint dann fast als logische Konsequenz - genauso wie die Bilanz von 15 Studenten und 80 Obdachlosen beim Aufmarsch der Polizei.

Film ohne Regisseur?

Dass die Protestbewegung auch nach der Audimax-Räumung noch auf Sparflamme aktiv war, ist dann fast nur mehr eine Randnotiz des Films, der nicht zuletzt vor allem eindrucksvoll die Ratlosigkeit der Politik und der Uni-Führungen gegenüber den Studenten zeigt. Symptomatisch ist etwa das Gespräch mit dem Generalsekretär des Wissenschaftsministeriums, Friedrich Faulhammer, der auf eine entsprechende Frage nach langem Schweigen antwortet: "Mit grundsätzlicher Veränderung habe ich ein Problem."

Typisch für die "Audimaxisten" bzw. untypisch für einen Film: Im Abspann wird weitgehend auf Namen verzichtet, als Regisseure werden lediglich die AG (Arbeitsgruppe) Doku sowie coop99 angegeben. (APA)

Unibrennt - der Film