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Proteste gegen Atomtransporte

Von WZ Online

Europaarchiv

Vorgeschmack auf einen heißen Herbst: Atomkraftgegner in ganz Deutschland haben am Samstag gegen den für Anfang November geplanten Castor-Transport nach Gorleben mobil gemacht. Etwa 16.000 Menschen kamen nach Angaben der Organisatoren zu den Aktionen an 120 Orten entlang der Castor-Strecken nach Ahaus, Gorleben und Lubmin zusammen.


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Ziel sei es gewesen, den politischen Druck auf die deutsche Regierung zu erhöhen. Allein in Niedersachsen seien an mehr als 60 Orten Menschen auf die Straße gegangen.

Die Organisatoren hatten zu der bundesweiten Aktion insgesamt bis zu 20.000 Teilnehmer erwartet. Der Sprecher der Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt - Gemeinsam gegen Atomenergie", Jochen Stay, zeigte sich dennoch sehr zufrieden: "Eine tolle Sache, die sicher eine große Zahl Menschen zum Widerstand gegen den Castor-Transport im November ins Wendland bringen wird."

"Das Festhalten an der Atomkraft und an dem Ausbau Gorlebens als Atommüllendlager ist eine politische Provokation, der Castor-Transport darüber hinaus eine Gefahr", sagte Wolfgang Ehmke von der Bürgerinitiative Umweltschutz Lüchow-Dannenberg.

Auf einer der deutschlandweit größten Veranstaltungen beteiligten sich in Hannover nach Polizeiangaben rund 1.500 Menschen, die Veranstalter sprachen von 3.000. Sie zogen mit Trillerpfeifen und Trommeln unter dem Motto "Es reicht! Atomkraft Schluss jetzt" durch die Innenstadt.

Zwei Wochen vor dem Transport nach Gorleben wollten die Kernkraftgegner mit ihren Aktionen den politischen Druck auf die deutsche Regierung erhöhen: "Angela Merkel muss sich von ihren radikalen Atomplänen verabschieden, denn wir akzeptieren es nicht, dass wir alle ein höheres Risiko tragen sollen, damit die Gewinne von vier Stromkonzernen weitersprudeln", hieß es in einer Mitteilung der Anti-Atom-Organisation "ausgestrahlt".

In Nordrhein-Westfalen versammelten sich Castor-Demonstranten in der Früh zunächst am Forschungszentrum Jülich und in Düren. Gegen Mittag begannen Demonstrationen in Köln. Später waren in Nordrhein-Westfalen entlang der Bahngleise zum Zwischenlager Ahaus mehr als zehn Aktionen geplant. In der Duisburger Innenstadt spielte eine Gruppe symbolisch einen Atommülltransport nach. In Berlin und im Wendland hatte die Initiative "Castor? Schottern!" zu sogenannten Schotter-Trainings aufgerufen. Dabei ging es unter anderem darum, die Bahngleise, auf denen der Zug mit den Castor-Behältern im Schritttempo rollt, zu untergraben und damit unpassierbar zu machen.

Noch in diesem Jahr sollen auf der Strecke nach Ahaus radioaktive Abfälle des früheren Forschungsreaktors in Jülich transportiert werden. Die Castor-Gegner wollen hingegen, dass der Atommüll in Jülich bleibt, bis ein Endlager gefunden ist.

Rund 300 Atomkraftgegner demonstrierten in Landshut gegen eine Laufzeitverlängerung für den Atommeiler Isar 1. Etwa 50 Menschen protestierten in Berg in der Pfalz gegen den Castor-Transport, 500 demonstrierten im südhessischen Biblis gegen die längeren Laufzeiten des 1974 in Betrieb genommenen Atomkraftwerks in Biblis, dessen Block A der älteste Meiler in Deutschland ist. In Berlin gingen rund 200 Atomkraft-Gegner auf die Straße.

Unter dem Motto "Wir bringen Euch den Müll vorbei" rollten etwa 30 Atomgegner in Greifswald Metallfässer mit dem Radioaktivitäts-Warnschild vom Bahnhof durch die Stadt. In Rostock starteten Atomkraftgegner zu einer Fahrrad-Demo entlang der Castor-Transportstrecke.

Mit dem deutschlandweiten Aktionstag wollten die Kernkraftgegner darauf aufmerksam machen, dass Gorleben und das Atommüllproblem kein regionales Thema seien. Ab 6. November sollen die Proteste mit einer Großdemonstration in Dannenberg fortgesetzt werden. Dann wollen die Kernkraftgegner den Castor-Transport aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague nach Gorleben blockieren. Erstmals hat auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in diesem Herbst zu gewaltfreiem Widerstand gegen die geplanten Castor-Transporte aufgerufen. (APA)