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Proteste gegen Nawalny-Urteil

Von Sofia Khomenko

Politik

Kreml-Kritiker wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt.


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Moskau. Sofort nach Verkündung des Urteils im umstrittenen Prozess um den russischen Oppositionellen Alexej Nawalny hatten seine Anhänger zu einer "Volksversammlung" auf dem gegenüber dem Kreml gelegenen Manegenplatz aufgerufen - der prominente regierungskritische Blogger war wegen Veruntreuung zu fünf Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Am Abend standen die tausenden Demonstranten, die sich in Moskau versammelte hatten, allerdings einer schier unüberwindbaren Mauer von Straßensperren und Polizisten gegenüber. Die Sicherheitskräfte hatten den Platz gesperrt, offiziell wegen Bauarbeiten. Laut Oppositionsangaben gingen Polizeieinheiten mehrmals gegen Demonstranten vor, die Bilder von Nawalny bei sich trugen, insgesamt soll es mehrere Dutzend Festnahmen gegeben haben.

Bereits nach Bekanntwerden des Urteils waren die Wogen hochgegangen. So twitterte die bekannte Aktivistin Evgenija Chririkova: "Fünf Jahre Haft für die Wahrheit - das ist eine Schande, das ist Irrsinn." Oppositionelle und Menschenrechtler sprachen von politischer Justizwillkür. Die Kreml-kritische Zeitung "Novaja Gazeta" berichtete von Befangenheit des Richters. Auch international stieß das Urteil auf Kritik. Der US-Botschafter in Moskau sprach von einer "offensichtlichen politischen Motivation dieses Verfahrens". EU-Außenbeauftragte Cathrine Ashton zeigte sich angesichts der Verfahrensmängel "besorgt". Ob Nawalny sofort in ein Lager überstellt wird, war am Donnerstagabend allerdings unklar. Die russische Generalstaatsanwaltschaft legte überraschend Haftbeschwerde ein, da das Urteil ihrer Ansicht nach noch nicht rechtskräftig ist. Am Freitag sollte eine entsprechende Verhandlung vor Gericht stattfinden.

Nawalny gilt als scharfer Kritiker des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Bekannt wurde er durch seinen Kampf gegen Korruption, später avancierte er zum Helden der neuen Mittelklasse und Anführer der außerparlamentarischen Opposition. In seinem letzten Tweet im Gerichtssaal schrieb Nawalny an seine Anhänger: "Seid nicht untätig." Ein Fan postete daraufhin: "Wir geben nicht auf."