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Proteste - nicht nur gegen Asylquartier

Von Alexandra Laubner

Politik

1100 bei FPÖ-Kundgebung, 500 Gegendemonstranten- Bezirksparteien distanzieren sich von FPÖ-Demo.


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Wien. Die österreichische Bundeshymne ertönt vom Tonband, Beifall für Heinz-Christian Straches 45 Minuten lange Rede und schwingende Österreich-Fahnen. Hinter der Bühne gibt die ehemalige ÖVP-Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel, die jetzt für die FPÖ im Nationalrat sitzt, ein Interview. Keine 50 Meter entfernt - am Rande der von der FPÖ initiierten Kundgebung gegen das Flüchtlingsquartier in Atzgersdorf - liegt ein Hooligan, der eine Exekutiv-Beamtin angegriffen und einen Tumult verursacht hat, mit dem Gesicht am Boden und wird von Polizisten fixiert.

Ganz Wien hat am Montagabend nach Liesing geblickt. Dort, am Liesinger Platz vor dem Einkaufszentrum hat die FPÖ zur Großdemonstration gegen das Flüchtlingsquartier in der Ziedlergasse 21 aufgerufen. Die "Offensive gegen Rechts" organisierte unter dem Motto "Flüchtlinge willkommen!" eine Gegendemonstration. Auch die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) hat zur Gegendemonstration aufgerufen und stellt sich gegen den "rassistischen Aufmarsch der FPÖ in Liesing", wie sie in einer Presseaussendung schreibt. Das Grätzel rund um den Liesinger Platz ist im Ausnahmezustand, 500 Polzisten sind im Einsatz, der Busverkehr ist gestoppt. Rot-weiß rote Fahnen, Plakate mit Aufschriften wie "Nein zu Asylanteheimen" und "Stoppt das rot-grüne Asylchaos" auf der einen, Menschen mit Trillerpfeifen, Partystimmung und Transparente mit "Nieder mit der FPÖ!" und "Ich schaff es einfach nicht, mich zu fürchten", auf der anderen Seite.

Die beiden Kundgebungen werden durch weiträumig angelegte Pufferzonen und Polizeisperren getrennt. Überall Sperrgitter, überall Exekutivbeamte und überall Zaungäste - der Weg zu den Kundgebungen ist ein Spießroutenlauf. Laut Polizeipressesprecher Paul Eidenberger haben bei der FPÖ-Kundgebung .1.100 Menschen, bei der Gegendemonstration 500 Menschen teilgenommen. "Es gab zwei Festnahmen, eine Verwaltungsstrafe und eine strafrechtlich relevante Anzeige", sagt Eidenberger gegenüber der "Wiener Zeitung", sonst keine Zwischenfälle.

"Nein, keine Interviews", sagt ein Mann, der ein Banner der Bürgerinitiative Siemensstraße aus Floridsdorf vor der FPÖ-Bühne hochhält. "Wir sind eingeladen worden und wollen aufzeigen, dass wir Angst haben", sagt er. "Ich bin nur ein Bürger", mischt sich ein anderer Mann aus Hietzing ein. "Wissen’s, mit 18 war ich Erzsozialist. Ich war bei der Besetzung der Hainburger Au dabei", sagt er.

"Wos is?", man hört man ein Raunen, das durch die Menge geht. 18.07 Uhr - es geht los. "Guten Abend Liesing", der FPÖ-Landtagsabgeordnete und Liesinger Bezirksparteiobmann Wolfgang Jung begrüßt die Menge.

Um Liesing und das Flüchtlingsheim geht es in den nachfolgenden Reden, die vom nicht amtsführenden FP-Vizebürgermeister Johann Gudenus und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gehalten werden, eher am Rande: Strache fordert die "längst fällige Abwahl" der Bundesregierung. und legt eine Gedenk- und Schweigeminute für verfolgte Christen in aller Welt und insbesondere den islamischen Ländern ein. Der bei der Kundgebung als Redner angekündigte FPÖ-Präsidentschaftskandidat Norbert Hofer hat aus terminlichen Gründen abgesagt. Strache spricht von "moderner Völkerwanderung aus wirtschaftlichen Gründen", vom "Hasenstallzaun" zur Absicherung der Grenzen und vom "zentralistischen Moloch EU".

Nach knapp einer Stunde ist die FPÖ-Veranstaltung zu Ende. Rund 20 Männer mit Fahnen in der Hand laufen zur Gegendemonstration hinübe und skandieren "Österreich, Östereich!". Von der anderen Seite tönt es "Say it loud, say it clear, refugees are welcome here". Die Polizei bildet zwischen den Demonstranten noch zusätzlich zu den Sperrgittern eine Mauer, die zusätzlich durch Sperrgitter getrennt sind, eine Mauer. Um 20.30 Uhr lösen sich die Demonstrationen auf.

SPÖ, ÖVP, NEOS und Grüne hatten am Montagvormittag zur gemeinsamen Pressekonferenz in die Liesinger Bezirksvorstehung geladen. Der Bezirk werde weiterhin seinen Anteil zur städtischen Lösung des Flüchtlings-Themas leisten, hieß es danach in einer Aussendung. Das Quartier in der Ziedlergasse, in dem derzeit 56 Personen untergebracht sind, "habe in dieser Angelegenheit überregionale Bedeutung und sei zugleich Kristallisationspunkt". Demonstrationen für oder gegen Asylheime seien nicht zielführend, es müsse Bischof auf anderer Ebene nach Lösungen gesucht werden.