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Provisionen stinken nicht

Von Barbara Ottawa

Wirtschaft
Finanzgeschäfte erfordern Durchblick. Seriöse Berater klären umfassend auf.
© Foto: fotolia

Wie man einen seriösen Finanzberater erkennt.


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Wien. Das Bild des "Keilers", der skrupellos hochriskante Finanzprodukte quasi an der Haustür verkauft, geistert nicht erst seit der Finanzkrise durch die Medien. Die "schwarzen Schafe" gibt es, aber sie machten und machen nur einen Teil der Finanzberater-Branche aus, die sich vor allem durch neue Regulierungen weiterentwickelt.

Europäische Richtlinien, wie etwa jene zu den Finanzmärkten (MiFID: Markets in Financial Instruments Directive), haben strengere Vorschriften bezüglich Transparenz und Information rund um Finanzprodukte eingeführt. So müssen alle Provisionen, die ein Vermittler in Zusammenhang mit einer Geldanlage erhält, offengelegt werden.

Deshalb sieht etwa Helmut Siegler, Vorstand des Österreichischen Verbandes Financial Planners (AFP), die provisionsbasierte Beratungstätigkeit als "nicht per se problematisch". "MiFID hat hier zu Recht Klarheit geschaffen, und mittlerweile hat sich die neue Transparenz auch schon durchgesetzt", sagt Siegler, der neben seiner Verbandstätigkeit auch Leitender Direktor für Financial Planning & Family Office bei der traditionsreichen Schoellerbank ist.

Über 5700 gewerbliche Vermögensberater

Wie man einen seriösen Finanzberater erkennt, ist jedoch für die Kunden nicht so einfach zu durchschauen. Insgesamt waren 2012 in Österreich über 5700 gewerbliche Vermögensberatungsgewerbe in Österreich angemeldet. Darüber hinaus gab es mehr als 2500 sogenannte Finanzdienstleistungsassistenten (FDLA), ein freies Gewerbe, für das keine Befähigung notwendig ist.

Für Anleger empfiehlt es sich, den Berater nach Zertifizierungen und Ausbildungen zu fragen. So ist etwa das CFP (Certified Financial Planner)-Zertifikat international anerkannt, besteht aus einer mehrstufigen Ausbildung und verpflichtet zur ständigen Fortbildung. Bislang haben allerdings nur wenige freie Finanzberater in Österreich diese Zertifizierung erlangt.

Dafür hat die Wirtschaftskammer im vergangenen Jahr nach jahrelangen Diskussionen die Ausbildung zum Wertpapiervermittler eingeführt, die eine Vorstufe zum Finanzberater sein kann, der wiederum Teil der CFP-Ausbildung ist. Mittlerweile gibt es laut Wirtschaftskammer rund 50 dieser Wertpapiervermittler.

Die Finanzdienstleistungsbranche war vor allem in Zusammenhang mit dem Strukturvertrieb AWD (jetzt Swiss Life Select) unter Beschuss geraten. Erst im August war ein jahrelanger Rechtsstreit um angebliche systematische Fehlberatungen beim Verkauf von Immofinanz-Aktien an österreichische Kleinanleger beigelegt worden. Swiss Life Select einigte sich im Rahmen einer freiwilligen Mediation mit dem Verein für Konsumenteninformation (VKI) auf eine Vergleichssumme. Insgesamt werden rund 7 Millionen Euro an Anleger ausgezahlt, die Verluste mit der Immofinanz-Aktie erlitten hatten.

Inzwischen hat Swiss Life Select, eine Tochter des Schweizer Versicherungskonzerns Swiss Life, die Produktpalette deutlich reduziert, und man sei "zum Wohl der Kunden vorsichtiger geworden", bestätigt Pressesprecher Hansjörg Nagelschmidt.

Dazu gehöre auch, dass mittlerweile 90 Prozent der Mitarbeiter gewerbliche Vermögensberater seien und ein Teil von ihnen auch bereits die neu geschaffene Ausbildung zum Wertpapiervermittler absolviert. Noch bis 2014 seien "übergangsmäßig" ein paar Finanzdienstleistungsassistenten im Unternehmen.

Honorarberatung bei größeren Finanzierungen

Nach Ansicht des VKI ist "die heutige Swiss-Life-Select-Organisation mit ihrer flachen Hierarchie nicht mehr mit dem früheren AWD-Strukturvertrieb vergleichbar". An der provisionsbasierten Bezahlung der Mitarbeiter hat sich jedoch nichts geändert. Nagelschmidt betont, dass nur provisionsbasierte Entlohnung garantiert, dass Finanzberatung dem breiten Markt zugänglich ist. So sei das Problem der Honorarberatung, dass viele Kunden für beratende Tätigkeiten nicht zahlen wollen oder können.

Aus seinem eigenen Bereich weiß AFP-Vorstand Siegler, dass Honorarberatung, oder eine Mischform, vor allem dann von den Kunden anerkannt wird, "wenn die Komplexität" der Anlageberatung steigt. Das heißt: bei größeren Finanzierungsplänen oder Investitionen.

Dass ein Finanzberater für die meisten Menschen wichtig ist, davon ist Siegler zutiefst überzeugt: "Der Staat hat eine Fürsorgepflicht, die aber nicht alles abdecken kann." Wer sich aber etwa mit Pensions- oder Invaliditätsvorsorge nicht gut auskennt, der sollte sich von einem Finanzberater helfen lassen - aber nicht, ohne kritische Fragen zu stellen.