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Prozess gegen die Hauptverdächtigen von 9/11 beginnt

Von Fanny Carrier

Politik

Guantanamo- Verfahren rechtlich äußerst umstritten. | Washington. Jahrelang waren sie allen Blicken entzogen, nun stehen die die mutmaßlichen Drahtzieher der Terroranschläge vom 11. September 2001 in Guantanamo vor ihrem ersten Auftritt in der Öffentlichkeit. Heute, Donnerstag, beginnt in dem US-Gefangenenlager auf Kuba der erste Prozess. Unter den fünf Verdächtigen, die zur Anklageverlesung in dem eigens erbauten Gerichtssaal erscheinen müssen, sind der Hauptverdächtige Khalid Sheikh Mohammed, der sich selbst als Planer der Anschläge bezeichnet, und Ramzi Binalshibh, der als Cheflogistiker der Hamburger Zelle um den Flugzeugattentäter Mohammed Atta gilt. Die Anklage fordert die Todesstrafe.


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Hinter den als "Guantanamo Five" bezeichneten Verdächtigen liegt eine Odyssee um die halbe Welt. In den Jahren 2002 und 2003 waren sie von US-Ermittlern im Mittleren Osten aufgespürt und festgenommen worden. Zunächst wurden sie in Geheimgefängnissen des US-Geheimdiensts CIA festgehalten, 2006 wurden sie nach Guantanamo gebracht. Dort müssen sie sich nun vor einer sogenannten Militärkommission, einem eigens eingerichtetem Sondertribunal der Armee, wegen Terrorismus, Verschwörung, Mord und Sachbeschädigung verantworten.

Geständnisse teilweise durch Folter erzwungen

Beobachter erwarten ein schwieriges Verfahren. Zum einen ist die Rechtmäßigkeit der Militärkommissionen noch nicht endgültig geklärt, zum anderen erklären einige der Verdächtigen, in US-Gewahrsam gefoltert worden zu sein.

Die CIA hat zugegeben, dass Ermittler den mutmaßlichen Chefplaner Sheikh Mohammed einer aggressiven Verhörmethode unterzogen zu haben, die als "Waterboarding" bekannt ist. Dabei wird dem Verhörten der Eindruck des Ertrinkens vermittelt. Bürgerrechtler werten "Waterboarding" als Folter, die nach US-Recht verboten ist. Die US-Regierung stuft es lediglich als "harsche Verhörtechnik" ein.

Die Verteidiger hatten vergeblich versucht, den Termin der Anklageverlesung hinauszuzögern. Sie wollten eine für Juni erwartete Entscheidung des Obersten Gerichtshofs in Washington über die Rechtmäßigkeit der Militärkommissionen abwarten. Zudem beklagen sie, dass ihnen die Militärjustiz weniger Zugang zu ihren Mandanten gewährte, als dies bei einem Zivilverfahren der Fall gewesen wäre.

Der Vorsitzende Richter, Oberst Ralph Kohlmann, wies die Einwände zurück - und drehte die Argumentation der Verteidigung um: "Die Militärkommission räumt ein, dass es viele juristische und logistische Probleme gibt, die in dem Prozess zur Sprache kommen müssen", sagte Kohlmann. Gerade deshalb sei es aber wichtig, dass es nun endlich beginnt."

Am Donnerstag wird Kohlmann im Gerichtssaal jedem der Angeklagten zunächst die Vorwürfe vortragen und ihnen die Möglichkeit geben, sich schuldig oder nicht schuldig zu bekennen. Die Verdächtigen werden dabei in einem Kasten aus Sicherheitsglas vor ihren Richter treten.