Finanzjongleur Tietze will mit Malversationen gar nichts zu tun haben.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 12 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wiener Neustadt. Der Strafprozess um das mutmaßliche Wiener Neustädter Betrugskonglomerat "Eurofinanz" (Eurofinanzierungs- und Unternehmensberatungs GmbH) begann am Mittwoch mit dem Einzug der 15 Angeklagten, ihren Verteidigern und 30 Zeugen und Geschädigten. Das Gros der Beschuldigten wird wegen Mittellosigkeit von Pflichtverteidigern vertreten, so auch der mutmaßliche "Eurofinanz"-Drahtzieher Horst Tietze. Ihm stehen die Verteidiger Michael Zerobin und Wolfgang Blaschitz zur Seite.
Im Mittelpunkt des Betrugsprozesses steht die "Vernichtung" von 37,337 Millionen Euro Investmentgeldern. Dazu sollen sogenannte atypische Beteiligungsmodelle mit Start-up-Firmen Gutverdienern angedient worden sein. Sie sollten ihren Kapitaleinsatz samt Bonus zurück erhalten bzw. einen Verlustvortrag zwecks Steuerminimierung lukrieren. Fakt ist: Das Geld von 913 zum Teil prominenten Anlegern ist weg, die Steuerminimierung löste sich in Luft auf.
"Die Beteiligungsgesellschaften wurden allein von Tietze zu Täuschungszwecken konzipiert, die weder darauf ausgelegt waren, unternehmerisch tätig zu sein noch Gewinne zu machen", behauptet Staatsanwalt Wolfgang Handler. "Die Anlegergelder wurden aus den einzelnen Beteiligungsfirmen abgezogen, wir wissen aber nicht, wo sie sind. Horst Tietze weiß, wohin die Gelder geflossen sind, sagt es aber nicht." Tietze habe direkten Einfluss auf die Geschäftstätigkeit der verbundenen Unternehmen, gehabt. Denn die Alleingesellschafterin der "Eurofinanz" war die AAA Consulting GmbH, deren Alleingesellschafterin war wiederum die CM Consulting GmbH. Und bei CM war Tietze geschäftsführender Alleingesellschafter. Handler: "Die Investitionen der Beteiligungsgesellschaften betrafen großteils den Ankauf von Know-how, das zum Teil keinerlei Wert repräsentierte."
Eswar alles ganz anders
Der Staatsanwalt bezeichnete die Geschäfte der "Eurofinanz" "als Luftblasen, die geplatzt sind". "Für Horst Tietze stellt die Anklage eine Luftblase dar. 15 Leute werden in einen Topf geworfen, um sie als konspirative Verbrecher darzustellen", konterte Verteidiger Blaschitz, der mit Michael Zerobin den 71-Jährigen vertritt. "Die Luftblase der Anklage ist zum Platzen verurteilt." Tietze werde sich "zu keinem der Vorwürfe schuldig bekennen". Atypische Beteiligungsmodelle seinen "nicht verboten, sondern sehr nützlich, weil die restriktiven Banken modernen Start-ups kein Kapital geben".
"Die 'Eurofinanz' war nicht Emittent der Beteiligungsmodelle, sondern Vermittler dieser Modelle und hat dafür eine Provision von 15 Prozent erhalten", behauptet der Verteidiger. "Die Konzeption ist aufwendig und wurde von CM durchgeführt." Wenn dabei eine Konzeptionsgebühr von sechs Prozent verlangt wurde, sei auch da nichts dran. "Es wird seitens des Staatsanwalts der Eindruck erweckt, dass Micky-Maus-Unternehmen mit Micky-Maus-Businessplänen zu 'Eurofinanz' gekommen sind und diese Businesspläne dann nach außen hin zu Mammut- und Elefantenprojekten geworden sind", kritisiert Blaschitz. Das stimme nicht. "Für die technische Beurteilung, ob das Produkt der Beteiligungsgesellschaft etwas wert war, war Tietze nicht zuständig", meinte der Verteidiger. Zuständig sei der Zweitangeklagte und IT-Fachmann Thomas M. gewesen. Auch mit den Know-how-Verträgen habe Tietze nichts zu tun gehabt. "Und die Widmungsmäßigkeit der Verwendung der Anlegergelder war nicht Aufgabe von Tietze", fügt der Anwalt hinzu. Indes sei sein Mandant bei der Beteiligungsfirma inet nur "untergeordneter Angestellter" gewesen. Zwar habe der mittlerweile verstorbene inet-Geschäftsführer Franz W. Tietze eine Handlungsvollmacht ausgestellt, doch Tietze habe nur bei dessen Abwesenheit die Geschäfte geführt. "Zum Teil ist Tietze ein Guru des atypischen Beteiligungsmarktes gewesen", gibt Blaschitz zu. Das Know-how dazu habe er von einem Kärntner Steuerberater gekauft.