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Innenminister Nehammer ist Zielscheibe der Kritik in Nationalratssondersitzung.
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Die Zwischenerkenntnisse der Untersuchungskommission zum blutigen Wiener Terroranschlag am 2. November des Vorjahres werden bei der Sondersitzung des Nationalrats am heutigen Donnerstag auch eine Rolle spielen, obwohl die FPÖ den aktuellen Anlass für die Sondertagung im Hohen Haus bei dem Aufmarsch gegen die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung und das Verhalten der Polizei sieht. Im Zentrum der Debatte steht jedenfalls Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), dem die Freiheitlichen mit einem Misstrauensantrag drohen, nachdem eine beantragte Demonstration am vergangenen Wochenende untersagt worden ist. Gleichzeitig dreht sich auch koalitionsintern alles um den Innenminister, nachdem die Grünen wegen der jüngsten Abschiebungen von Schülerinnen nach Georgien und Armenien fuchsteufelswild sind. Der Bericht zum Terroranschlag liefert den Grünen zusätzlich Munition gegenüber dem Innenminister, weil die Kommission in einem Zwischenpapier knapp vor Weihnachten bereits dem Verfassungsschutz Fehler vor dem Attentat angekreidet hat und Nehammer mit einer Reform säumig ist.
Erstmals bestätigt nun das interimistisch von Vizekanzler Grünen-Chef Werner Kogler geführte Justizressort, in dem Alma Zadic noch einige Wochen auf Babykarenz ist, dass auch die von Innen- und Justizministerium gemeinsam eingesetzte Untersuchungskommission zum Wiener Terroranschlag mit ihrem Endbericht ebenfalls schon säumig ist. Die aus fünf Mitgliedern bestehende Untersuchungskommission sei in der Vereinbarung bei der Einsetzung "ersucht" worden, bis Ende Jänner 2021 einen Abschlussbericht vorzulegen, wird nun von Kogler in der aktuellen Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Neos-Abgeordneten Stephanie Krisper bestätigt. Dieser Bericht soll zur Veröffentlichung geeignet sein und auch Empfehlungen für den Vollzug und die Legistik enthalten und dem Innen- und Justizminister übermittelt werden, wird von Kogler im Detail ausgeführt.
Die Vorsitzende der Untersuchungskommission, Ingeborg Zerbes, Strafrechtsexpertin an der Universität Wien, sei mit der Fertigstellung des Endberichts beschäftigt, war diese Woche zu erfahren. Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer hat die Vorlage des Endberichts zuletzt für die kommende Woche in Aussicht gestellt. Ins Visier der Untersuchungskommission wurden im Zwischenbericht vor allem das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, kurz BVT, sowie das Wiener Landesamt der Verfassungsschützer genommen. Trotz Hinweisen auf neue Aktivitäten des vorzeitig aus der Haft entlassenen islamistischen Attentäters durch ausländische Nachrichtendienste, wurden im Sommer 2020 zunächst kaum Konsequenzen gezogen. Diese Fehler wurden von der Prüfkommission aufgelistet, wenngleich man keinen kausalen Punkt sah, mit dem der Terroranschlag verhindert hätte werden können.
Türkis-grüne Verstimmung
Der Interims-Justizminister versichert in der Antwort auf die parlamentarische Anfrage, dass sein Ressort der Untersuchungskommission "vollumfänglich" Akteneinsicht in der Causa gewährt habe. Die Auswahl der fünf Kommissionsmitglieder sei eine gemeinsame Entscheidung von Innen- und Justizministerium gewesen, wird außerdem betont.
Innenminister Nehammer wird bei der Sondersitzung am heutigen Nachmittag nicht nur von der FPÖ mit Klubobmann Herbert Kickl wegen der nicht zugelassenen Demonstrationen gegen Corona-Maßnahmen der Bundesregierung ins Kreuzfeuer genommen. Auch die Grünen sind als Koalitionspartner ungehalten wegen den Schülerabschiebungen. Noch am Mittwochabend gab es laut "ZiB 2" eine Online-Krisensitzung der Grünen, auch um die Vorgangsweise bei der Sondersitzung zu besprechen. Der Koalition steht eine heftige Auseinandersetzung bevor. SPÖ und Neos wollen den Keil in der türkis-grünen Koalition noch tiefer hineintreiben. Deswegen ist ein Antrag vorgesehen, um die Flüchtlings- und Schülerabschiebungen rückgängig zu machen, wie das die Grünen im Gegensatz zum Koalitionspartner ÖVP ebenfalls gefordert haben. Im Mittelpunkt der regierungsinternen Konflikte steht Nehammer, der zuletzt von der grünen Klubchefin Maurer scharf angegriffen worden ist.