Fischer hofft "im Interesse des Landes" darauf, dass Regierung erfolgreich ist.
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Wien. Immerhin: Am Montag hätte man sich 13 Jahre jünger fühlen können. Denn die Exekutive schien mit Demonstrationen im Ausmaß der Proteste gegen Schwarz-Blau gerechnet zu haben. Am Ballhausplatz wurde ein Platzverbot verhängt, das Polizeiaufgebot zur Überwachung desselben überragte die Zahl der Demonstranten in der Früh bei Weitem.
Der Grund der Aufregung: Bundespräsident Heinz Fischer hat am Vormittag die neue und vermutlich letzte SPÖ-ÖVP-Koalition in der Hofburg angelobt. Und zwar ohne Wissenschaftsministerium. Bereits vergangene Woche hatte Rektorenchef Heinrich Schmidinger Fischer dazu aufgerufen, dies nicht zu tun. Verfassungsrechtlich wäre das zwar nicht möglich gewesen, innerhalb kurzer Zeit formierte sich aber der Widerstand gegen die Eingliederung der Wissenschaftsagenden in das Wirtschaftsressort von Reinhold Mitterlehner. Während also die Journalisten auf streng limitierten Tickets zur Berichterstattung in die Hofburg vorgelassen wurden, sammelten sich draußen wütende Vertreter der Hochschülerschaft, die mit "Heinzi duas ned"-Plakaten an den Bundespräsidenten appellierten.
Drinnen herrschte weihnachtliche Festtagsstimmung vor: Zu einem imposanten Weihnachtsbaum aus Krems gesellten sich kurz vor 11 Uhr die designierten Mitglieder des Kabinetts Faymann II ein. Etwas verloren wirkten sie - vor allem jene, die bis vor wenigen Tagen noch nicht einmal zu träumen gewagt hätten, dass sie Regierungsmitglieder werden könnten. Während die anderen 14 noch versuchten, mit dem Blitzlichtgewitter zurechtzukommen, verschwanden Kanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger hinter der Tapetentür zu einem kurzen Arbeitsgespräch mit dem Bundespräsidenten. Dabei übergaben sie ihm das Regierungsprogramm, das sie zuvor feierlich im Kanzleramt unterschrieben hatten.
Um 11.05 Uhr war die alte Regierung dann endgültig Geschichte: Fischer enthob sie ihres Amtes und dankte den meist zwangsweise ausgeschiedenen Ministern für ihre bisherige Arbeit.
Fischer spricht von "wertvollen Zielsetzungen"
Auf die Kritik der vergangenen Tage an der weitgehenden Visionslosigkeit des Regierungsprogramms ging der Bundespräsident nur am Rande ein: Fischer plädierte dafür, der Regierung einen "Vertrauensvorschuss" zu gewähren. Das Regierungsprogramm enthalte "eine Reihe von wertvollen und wichtigen Zielsetzungen für unser Land". Eine kleine Warnung hatte Fischer dann doch noch parat: "Es ist im Interesse des gesamten Landes, dass die Regierung ein Erfolg ist", sagte er, nachdem er zunächst Werner Faymann als Bundeskanzler angelobt hatte.
Ein Regierungsmitglied nach dem anderen gelobte daraufhin, die Bundesverfassung und alle Gesetze der Republik getreulich zu beobachten und ihre Pflichten als Minister und Staatssekretäre nach bestem Wissen und Gewissen zu erfüllen. Beim mündlichen Gelöbnis, das sie auch mit Handschlag und Unterschrift bekräftigten, fielen zwei aus der Reihe. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner flocht ein religiöses Bekenntnis ein. Und der neue Tiroler Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter sprach überhaupt eine sehr außergewöhnliche Gelöbnisformel: "Ich gelobe, so wahr mir Gott helfe und vor dem heiligen Herzen Jesu Christi." Die Formel löste auf dem Kurznachrichtendienst Twitter sofort eine Debatte über die Säkularität aus. Allerdings ist es das verfassungsmäßige Recht des Bundespräsidenten und jedes Ministers, bei der Angelobung einen religiösen Zusatz beizufügen. Ob der Minister, wie einige Zuschauer vermuteten, als Laie einem speziellen katholischen Orden angehört, war am Montag nicht zu eruieren. Er schien jedenfalls ein wenig irritiert darüber zu sein, dass niemand die Formel kannte.
Außergewöhnlich:Gelöbnis und Krawatte
Aufgefallen ist neben Rupprechter auch der neue Außenminister Sebastian Kurz. Dieser allerdings eher durch Anpassung an seine Umwelt: Anders als bei seiner Angelobung als Integrationsstaatssekretär vor zweieinhalb Jahren trug das jüngste Regierungsmitglied diesmal eine Krawatte.
Im Anschluss an die Angelobung gab es für die neuen Minister und Staatssekretäre und deren Familien zunächst einen kleinen Empfang in der Hofburg. Danach ging die Regierung geschlossen zu ihrem ersten Ministerrat ins Kanzleramt auf der gegenüberliegenden Seite des Ballhausplatzes. Statt der Demonstranten - diese waren mittlerweile zum Noch-Wissenschaftsministerium weitergezogen, das erst mit der Änderung des Ministeriengesetzes von der Bildfläche verschwindet - empfing auf dem Ballhausplatz eine Schützenkapelle die neue Regierung. Und zwar nicht irgendeine: die Schützengilde Brandenberg, bei der Neo-Landwirtschaftsminister Rupprechter Mitglied ist. Auch ein Stamperl Schnaps gab es für die Regierungsspitze. Ob der Trinkspruch "auf den Westen" die Chefs von SPÖ und ÖVP an die Probleme erinnern sollte, die sie mit ihren Parteikollegen in Vorarlberg beziehungsweise Tirol haben, sei dahingestellt. Jedenfalls brachten ihnen die Schützen auch Tiroler "Prügelkrapfen" mit.
Emotionale Amtsübergaben, Mitterlehner bleibt am Ring
Emotional wurde es nach dem ersten Ministerrat - in erster Linie ein Termin für die Fotografen - bei den Amtsübergaben in den diversen Ministerien. Beatrix Karl etwa hatte, ebenso wie Maria Fekter, mit den Tränen zu kämpfen.
Und auch für den scheidenden Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle war die Schlüsselübergabe an Mitterlehner ein schwieriger Gang. Töchterle hatte nicht nur bis zuletzt auf seinen Verbleib in der Regierung gehofft, sondern auch nie damit gerechnet, dass sein Ressort gleich aufgelöst werden könnte. Dennoch blieb er gewohnt diplomatisch: "Möge das einigermaßen riskante Experiment gelingen", sagte er. Töchterle und Mitterlehner drückten ihre gegenseitige Wertschätzung aus. Auch Mitterlehner gab zu, dass weder Situation noch Symbolik einfach seien.
Apropos Symbolik: Mitterlehner wird nicht auf den Minoritenplatz ziehen - die Beamten bleiben zwar dort, der Minister wird aber weiterhin mit Rupprechter und Rudolf Hundstorfer in der Ministerien-WG am Stubenring residieren. Auch das ein Symbol.