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Pseudowahlen im Iran

Von Stephan Grigat

Gastkommentare
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Stephan Grigat ist Lehrbeauftragter an der Universität Wien und Mitherausgeber von "Iran im Weltsystem. Bündnisse des Regimes und Perspektiven der Freiheitsbewegung".

Die Farce der Präsidentschaftswahlen im Iran dient nur der Legitimation der Ayatollahs.


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Seit über 30 Jahren versucht sich das iranische Regime durch Pseudowahlen, die in keiner Hinsicht den Ansprüchen einer freien, rechtsstaatlichen Demokratie entsprechen, das Mäntelchen des Pluralismus umzuhängen. Alle Kandidaten, die zu solchen Wahlen antreten, müssen vom Wächterrat abgesegnet werden. Sie alle vertreten die Ideologie der "Islamischen Republik", die tausende Oppositionelle ermordet und Millionen ins Exil getrieben hat, Frauen systematisch diskriminiert, Homosexuelle öffentlich hängt, Minderheiten verfolgt, Terroristengruppen unterstützt, Konferenzen zur Leugnung des Holocaust veranstaltet, Israel mit der Vernichtung droht und unbeirrt weiter an seinem Atomwaffenprogramm arbeitet.

Das iranische Regime war von Beginn an von der Konkurrenz verschiedener Fraktionen geprägt, die wie Banden organisiert sind. In der westlichen Berichterstattung wird die Konkurrenz dieser das Regime konstituierenden Banden, die permanent über die angemessenen Mittel zur Umsetzung der Ziele der "Islamischen Republik" streiten, mit differierenden Vorstellungen über diese Ziele selbst verwechselt. Über dem Hauen und Stechen der verfeindeten Flügel thront stets der Oberste Geistliche Führer, der gegebenenfalls auch dafür sorgt, dass bisher zentrale Player aus dem Ränkespiel um die Macht ausscheiden - so wie jetzt der Mitbegründer der "Islamischen Republik" und Ex-Präsident Ali Akbar Hashemi Rafsanjani.

Der Westen hat in den vergangenen drei Jahrzehnten immer wieder darauf gehofft, dass irgendein vermeintlicher "Reformer" eine "gemäßigte" Linie im Iran durchsetzen wird. Dafür musste man jemanden wie den Ex-Präsidenten Mohammed Chatami, der die Todesstrafe für Homosexuelle rechtfertigt und den französischen Holocaustleugner Roger Garaudy verteidigt hat, einen "Liberalen" nennen, und Rafsandschani, der im Zentrum des iranischen Staatsterrorismus stand und über den Abwurf von Atombomben auf Tel Aviv räsoniert hat, als "moderat" verklären. Doch all diese Hoffnungen haben sich als unbegründet erwiesen. Ali Khamenei, der wirklich starke Mann im Iran, hat unbeirrt an seiner Politik festgehalten. Und zu der gehören völlig unmissverständliche Vernichtungsdrohungen gegenüber Israel: Laut der vom iranischen Regime kontrollierten Nachrichtenagentur Fars News bezeichnete Ali Khamenei das "zionistische Regime" als "Krebstumor, der herausgeschnitten werden muss und herausgeschnitten werden wird".

Letztlich werden alle Gefahren, die von diesem Regime ausgehen, nur beseitigt werden, wenn dieses Regime gestürzt wird. Die aktuellen Pseudowahlen dienen den Ayatollahs lediglich dazu, ein wenig von jener Legitimation zurückzugewinnen, die sie spätestens durch die Massenproteste der iranischen Freiheitsbewegung im Jahr 2009 endgültig verloren haben. Österreich und die EU täten gut daran, diesem mörderischen Holocaustleugner-Regime nicht auch noch weitere Legitimität zu verleihen: Sie müssten wenigstens dem vorbildlichen Beispiel Kanadas folgen und die diplomatischen Beziehungen mit Teheran abbrechen, was auch ein eindeutiges Signal an die Opposition im Iran und im Exil wäre.