Der Rüstungsexperte Georg Mader analysiert die militärische und zivile Zukunft von unbemannten Flugobjekten.
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"Wiener Zeitung": Gehören Drohnen mittlerweile zum Standard-Arsenal einer Armee?Georg Mader: Das kommt auf die Armee an. Aufklärungsdrohnen sind jedenfalls für die Informationsbeschaffung heutzutage unerlässlich. Alle großen Staaten haben inzwischen welche. Besonders China und die USA sind auf diesem Sektor sehr aktiv. Zudem haben Drohnen im Vergleich zu bemannten Fluggeräten Vorteile: Erstens sind sie in ihrem Betrieb kostengünstig, was besonders in Zeiten sinkender Militärbudgets ein großes Plus ist. Zweitens kommt beim Abschuss oder Verlust einer Drohne kein Soldat ums Leben.
Im jüngsten Gaza-Konflikt soll die - bisher nicht als bestens ausgerüstet bekannte - Hamas Aufklärungsdrohnen eingesetzt haben. Wie kann sie an diese Technologie gelangt sein?
Der Iran, der selbst eine vitale Drohnenindustrie entwickelt, hat sicherlich weitergeholfen. Es handelt sich bei diesen Drohnen auch nicht um High-Tech-Geräte, für die man aufwendige Kommandozentralen einrichten muss, sondern da reicht ein kleines Kommandozimmer im Untergrund.
Das Rüstungsunternehmen BAE Systems hat auf der britischen Luftfahrtmesse Farnborough den Prototypen für eine neue Kampfdrohne vorgestellt: "Taranis". Das Unternehmen sagt, dass es das am weitesten entwickelte Fluggerät ist, das jemals im Vereinigten Königreich produziert wurde. Was macht Taranis so besonders?
Viele Informationen werden noch geheim gehalten, das wirklich Besondere an Taranis ist jedoch sicherlich, der mit ihm angestrebte Grad an Autonomie: Die Mission wird vorprogrammiert, die Drohne führt diese dann sozusagen per Mausklick aus. Während der Mission kann die Drohne dann selbst Entscheidungen treffen und beispielsweise die Mission abbrechen, wenn es die Situation erfordert. Auch für Europa ist Taranis bedeutsam, schließlich sollen die daraus gewonnenen Erkenntnisse in die Entwicklung einer europäischen Kampfdrohne münden.
Geht das schon in Richtung künstliche Intelligenz?
Wir kratzen schon daran. Aber was den Waffeneinsatz betrifft, ist - wie auch die Verantwortlichen von "Taranis" betonten - immer noch ein Mensch verantwortlich, der die letzte Entscheidung trifft.
Im Gegensatz zu bemannten Kampfjets oder Helikoptern werden Drohnen von Piloten gesteuert, die oftmals tausende Kilometer vom Kampfschauplatz entfernt sind. Verleitet diese Distanz dazu, den Abzug vorschnell zu betätigen?
Das wird oft falsch dargestellt. Die psychische Belastung ist sogar oft höher als bei Kampfpiloten, gemessen an der Drop-out-Rate. Außerdem ist man sehr vorsichtig. Bei Gesprächen mit US-Militärangehörigen habe ich erfahren, dass in acht von zehn Fällen eine Mission mit Angriffschance abgebrochen wird, weil die Ziele nicht genau identifizierbar sind oder sich andere Personen im Zielgebiet aufhalten. Auch die mediale Berichterstattung spielt hier eine Rolle: NGOs und die Medien beobachten den Einsatz von Kampfdrohnen sehr genau und kritisch.
Den viel beschriebenen "Playstation-Effekt" - sprich, dass der Einsatz von Kampfdrohnen den Krieg zu einer Art Computerspiel macht - gibt es also nicht?
Eine Verbindung gibt es schon. So arbeitet die Videospieleindustrie mit dem Pentagon oder dem französischen Verteidigungsministerium zusammen. Computerspiele werden im Training und in der Simulation vom Militär auch eingesetzt. Teilweise schreibt die Spieleindustrie sogar eigene Programme für das Militär. Das heißt aber nicht, dass sich Piloten wie 16-Jährige verhalten, die möglichst schnell ein Computerspiel durchspielen wollen.
Wie könnte man Drohnen eigentlich sinnvoll im Zivilbereich einsetzen?
Vor allem für sicherheitspolitische Maßnahmen - etwa zur Überwachung von Staatsbesuchen, Pipelines, Hochspannungsleitungen oder Demonstrationen.
Georg Mader schreibt seit 1994 für das renommierte britsche Rüstungsmagazin "Jane’s Defence". Daneben ist er unter anderem auch für "Military Technology", "Europäische Sicherheit & Technik" und "Militär Aktuell" tätig.