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Psychoterror im Job

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Arbeitnehmer müssen auf Wohl der Mitarbeiter achten. | Erstmals Schmerzengeld für Mobbing-Opfer.


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Wien. Margit A. ist ein neuer Mensch. Seit sie die Abteilung gewechselt hat, schläft sie wieder gut und geht gerne zur Arbeit. Ein Kollege hatte der Sachbearbeiterin mit seinen ständigen Sticheleien und Beleidigungen das Leben zur Hölle gemacht. Vorsprachen beim Chef halfen nichts. "Das müsst ihr schon untereinander ausmachen", meinte dieser - womit er allerdings falsch liegt.

Laut österreichischem Arbeitsrecht haben Arbeitgeber die Pflicht, für das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter zu sorgen und gesunde Arbeitsbedingungen zu schaffen. Dabei ist nicht nur auf das körperliche, sondern auch auf das seelische Wohl der Belegschaft zu achten.

Auch Mobbing, das in vielen verschiedenen Erscheinungsformen auftritt, kann krank machen. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa jeder Neunte ein Mal in seinem Berufsleben Ziel von Mobbinghandlungen wird. Ein Gesetz gegen Mobbing am Arbeitsplatz gibt es allerdings hierzulande nicht. Ein bemerkenswertes Urteil des Landesgerichts Klagenfurt jedoch macht Mobbing-Betroffenen Hoffnung.

Eine 51-jährige Angestellte eines Klagenfurter Familienunternehmens war von ihrem Chef monatelang unsachlich kritisiert, herabgewürdigt, beschimpft und unter Druck gesetzt worden. Die Frau bekam Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden, Schweißausbrüche und Angstzustände. Sie zog vor Gericht, und es wurde ihr für die ihr zugefügten seelischen Qualen Schadenersatz in Höhe von 5900 Euro zuerkannt. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte das von der Arbeiterkammer (AK) Kärnten in zwei Instanzen erkämpfte Urteil. Zwei Gutachten hatten einen Zusammenhang zwischen der seelischen Erkrankung der Arbeitnehmerin und des Mobbings durch den Chef festgestellt.

Mobbing ist oft schwerzu beweisen

"Der Begriff Mobbing wird sehr inflationär verwendet, und Mobbing ist oft schwer zu beweisen. Aber im Fall der Kärntnerin war es klar, denn der Chef hat sie auch schriftlich attackiert", sagt AK-Rechtsexpertin Michaela Eigner. Egal, ob nun der Chef selber mobbt - der Fachausdruck dafür lautet "Bossing" - oder Kollegen Kollegen schikanieren: Arbeitgeber sollten sich darüber im Klaren sein, dass Mobbing eine Form von Körperverletzung darstellt und dass sie ihre Mitarbeiter davor schützen müssen.

Wie kann man nun Mobbing im Betrieb vorbeugen? Die Führungskräfte sind gefragt, sagt Stephan Proksch, Mediator und Unternehmensberater in Wien. "Wenn in einem Unternehmen viel gemobbt wird, steckt oft schlechte Führung dahinter. Etwa wenn Abteilungen in schwierigen Situationen sich selbst überlassen werden, keine klaren Ziele vorgegeben werden oder Verantwortungsbereiche nicht abgesteckt werden."

Hinter 80 Prozent der Mobbingfälle stecken arbeitsorganisatorische Mängel, bekräftigt auch Ilse Reichart, Mobbingexpertin des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB). Sie rät Arbeitnehmern, die sich gemobbt fühlen, ein Mobbing-Tagebuch zu führen und möglichst früh eine Mobbingberatung - wie sie etwa vom ÖGB oder von der Arbeiterkammer angeboten wird - in Anspruch zu nehmen.

Ein wirksames, aber noch nicht sehr verbreitetes Mittel, um Konflikten am Arbeitsplatz und damit Mobbing vorzubeugen, sind laut Reichart entsprechende Betriebsvereinbarungen.