Lothar Drews hätte sich nie träumen lassen, dass er einmal mit einem Herzunterstützungssystem leben würde - und das jetzt schon seit fast zwei Jahren. Heute hat er sich so an das schnaufende Gerät gewöhnt, dass er kürzlich ein für ihn passendes Spenderherz ablehnte. "Ich wollte mich nicht so rasch trennen", sagte er im Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB). "Die Pumpe ist ein Teil von mir."
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Am DHZB war kürzlich das 100. Novacor-Kunstherz eingesetzt worden, das auch in Drews Brustkorb schlägt. Berlin verfügt damit über die weltweit größte Erfahrung mit diesem aus den USA stammenden Herzunterstützungssystem, sagte DHZB-Chef Roland Hetzer. Die Novacor-Pumpe der Firma Edwards (Kalifornien) dient zur Entlastung eines erkrankten Herzens bis zu seiner Genesung oder als Überbrückung bis zu einer Herztransplantation.
"Jährlich benötigen in Deutschland rund 1.000 Patienten eine Herztransplantation, doch nur 500 Spenderherzen stehen zur Verfügung", erläuterte Hetzer. Während der Wartezeit sterben viele Patienten. Jetzt könne vom Tod bedrohten Patienten mit einem Kunstherzen über die Wartezeit geholfen werden. Zwei Patienten würden bereits über vier Jahre mit der Novacor-Pumpe leben.
Herzpatient Drews wog bis zu seinem Infarkt am 2. Februar 1999 gut 90 Kilogramm. Damals arbeitete er als Techniker in einer Fleischwarenfabrik. Am 9. Februar 1999 erhielt er die Novacor-Pumpe, die der linken Kammer des Herzens Arbeit abnimmt. Seitdem hat er kräftig abgenommen und fühlt sich, wie er betonte, ausgesprochen wohl, zumal er sein Leben zu Hause bei seiner Familie verbringt. "Was die Familie mir bedeutet, das ist durch nichts zu ersetzen."
Nahezu 90 Prozent der Patienten mit der Novacor-Blutpumpe können mit dem tragbaren System nach Hause geschickt werden, erläuterte Chefchirurg Hetzer. Drews hat sich einen kleinen Rucksack zurecht gemacht, in welchem er die Kontrolleinheit sowie eine Haupt- und eine Notbatterie bequem mit sich trägt. Ein Schlauch mit einem Kabel führt durch seine Bauchdecke hindurch zur 800 Gramm schweren, elektromagnetischen Pumpe, die im Brustraum liegt und mit zwei Schläuchen an die linke Herzkammer angeschlossen ist.
Während Smoschinski und Drews auf ein Spenderherz warten, trägt Jochen Nitzsche sein Kunstherz seit Ostern 1999 in der Hoffnung, dass sich sein Herz von allein wieder erholt. Er leidet an einer Kardiomyopathie, einer Herzmuskelschwäche. Am DHZB erhielten in den vergangenen fünfeinhalb Jahren 27 Myopathie-Patienten die Novacor-Pumpe. "In der Hälfte der Fälle erholte sich das Herz dauerhaft", so Hetzer, "die anderen erlitten einen Rückfall und erhielten ein Spenderherz."