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"Punkto Spardruck ist es Punkt zwölf"

Von Walter Hämmerle

Politik

Leitl, Felderer und Moser: Defizitabbau durch Sparen statt Steuererhöhungen. | Finanzmärkte als Damoklesschwert. | Wien. Schicksalergebene Fatalisten denken dabei an Sisyphus und seinen Stein, Zyniker eher an die US-Komödie "Und täglich grüßt das Murmeltier". Wie dem auch sei, am Mittwochabend jedenfalls lud Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl zum Hintergrundgespräch, um - unterstützt von Rechnungshof-Präsident Josef Moser und IHS-Chef Bernhard Felderer - an den Sparwillen der Koalition zu appellieren und für eine Verwaltungsreform zu werben. Steuererhöhungen erteilte er dabei eine Absage. Die Regierung hat sich bekanntlich beim Budget auf ein Verhältnis von 60:40 bei Ausgabenreduktion und Einnahmensteigerung geeinigt.


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Leitl hat sich dazu der Unterstützung der Bevölkerung versichert: "Neun von zehn Österreichern wollen das Budget durch Einsparungen bei der öffentlichen Verwaltung sanieren", zitierte der oberste Wirtschaftskämmerer aus einer von der Kammer selbst beauftragten Market-Umfrage. Für Felderer ist dieser Wunsch auch wissenschaftlich begründbar: "Eine Analyse von rund 50 internationalen Budgetsanierungen zeigt, dass bei einem einnahmenseitigen Vorgehen, das Problem spätestens in zwei Jahren wieder da ist."

Warum jetzt, zu Beginn der heißen Verhandlungen über das Budget, dieser Aufruf? "Das Zeitfenster für Einsparungen beginnt sich zu schließen", ist Felderer überzeugt, da die Notwendigkeit einer ausgabenseitigen Sanierung aufgrund der sich bessernden Konjunktur und erhöhter Steuereinnahmen als nicht mehr so drängend empfunden werde. Dies ändere jedoch nichts an Strukturproblemen, so Rechnungshof-Chef Moser.

Er verweist darauf, dass sich allein in den letzten Jahren drei Jahren (2007 bis 2009) die Staatsverschuldung um acht Prozentpunkte, von 59,3 auf 67,5 Prozent des BIP, erhöht habe. Moser: "Unsere budgetären Kennziffern verschlechtern sich massiv wegen der strukturellen Probleme in den Bereichen Gesundheit, Pflege, Pensionen und Bildung."

Sieben Millionen Euro - "keine Riesensumme, aber immerhin", so Moser - ließen sich allein jährlich einsparen, wenn (billigere) Sekretäre die (teureren) Lehrer von administrativen Arbeiten entlasten würden; beim Pflegegeld führe die uneinheitliche Handhabung bei der Einstufung zu erheblichen Mehrkosten; ein viel zu großer Anteil der Sportförderungen werde ebenfalls von der Verwaltung aufgefressen. Moser: "Punkto Spardruck ist es längst nicht mehr 5 vor 12, es ist Punkt 12 Uhr."

Seine Hoffnungen, dass dies auch die Politik so sieht, begründet Felderer mit dem Druck der Finanzmärkte: "Die Kapitalmärkte sind für Österreich wesentlich gefährlicher, als das der durchschnittliche Provinzpolitiker hierzulande vermuten würde." Felderers Argument: "Allein wegen eines - noch dazu falschen - Gerüchts haben sich die Refinanzierungskosten für Österreich am Kapitalmarkt letztes Jahr um 1,5 Prozentpunkte verschlechtert."

In den vergangenen Jahrzehnten gab es bereits unzählige Anläufe zu einer Föderalismusreform, die jedoch allesamt im Sand verliefen. Warum sollte das jetzt anders sein? Leitl: "Weil die Leute es einfordern und die Zeit drängt." Und an die Regierungsspitze gewandt: "Ich verlange von der Bundesregierung in dieser Frage Leadership."