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Puppen und Lego in der Chefetage

Von Claudia Peintner

Wirtschaft

Ein Kindergartenplatz kostet Betriebe jährlich rund 4400 Euro pro Kind.


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Wien. Kinderbetreuungsplätze für Kleinkinder sind österreichweit rar. Jeder sieht die öffentliche Hand am Zug. Doch was ist eigentlich mit den Unternehmen?

In Wien gibt es derzeit 47 Betriebskindergärten. Das sind gerade einmal zwei Prozent des Gesamtangebots an Kinderbetreuung. Es sind hauptsächlich Krankenanstalten und Pflegeheime, die Betreuungsplätze für die Kinder ihrer Mitarbeiter anbieten, gefolgt von Industrie, Hochschulen, Banken und Versicherungen.

So etwa auch die Oesterreichische Nationalbank, für die die Oberösterreicherin Claudia O. arbeitet. Bereits um 7 Uhr Früh bricht sie mit ihrem 6-jährigen Sohn Lorenz Richtung Arbeitsplatz auf. Seit dem ersten Lebensjahr besucht der Sprössling den Betriebskindergarten. Die Vorteile lagen für die Bank-Mitarbeiterin von Anfang an auf der Hand: Es gibt Öffnungszeiten, die an die Arbeitszeiten der Eltern angepasst sind - von halb sieben in der Früh bis halb sechs am Abend. Die Wartezeit auf einen Kindergartenplatz war kürzer als bei anderen öffentlichen oder privaten Kinderbetreuungsstätten. Das Angebot eines Betriebskindergartens habe es ihr erleichtert, Kind und Beruf unter einen Hut zu bringen, sagt die 36-Jährige. Da die Stadt Wien den Platz mitfördert, zahlt die Mutter lediglich rund fünf Euro pro Tag.

Jedoch nicht nur die Eltern, sondern auch die Firmen profitieren von Betriebskindergärten, wie eine aktuelle Studie des Instituts für Familienforschung zeigt: "Es ergeben sich indirekte positive Kosteneffekte, etwa durch den besseren Erhalt von Mitarbeiterinnen", sagt Studienautor und Kinderbetreuungsexperte Markus Kaindl. In jenen Unternehmen, die einen Betriebskindergarten anbieten, würden Frauen nach der Geburt rascher und in einem größeren Stundenumfang an den Schreibtisch zurückkehren. Zudem verbessere ein betriebliches Kinderbetreuungsangebot die Stellung des Unternehmens im Wettbewerb um neue qualifizierte Mitarbeiter.

Was für Experten eine Win-Win-Situation darstellt, ist für Unternehmer jedoch vielfach nicht einmal eine Überlegung wert: "In den Unternehmen muss noch viel Bewusstseinsbildung betrieben werden. Viele erkennen nicht, dass Mütter wichtige Arbeitskräfte sind", betont Kaindl.

Zu wenige Räume für Kinder

Über zu wenig Interesse an der Errichtung von Betriebskindergärten können sich die Wiener Kinderfreunde indes nicht beklagen. Wenn es allerdings an die Umsetzung geht, würden viele Unternehmer aufgrund fehlender Räumlichkeiten oder zu niedriger Kinderanzahl einen Rückzieher machen, heißt es vom privaten Kindergartenbetreiber, auf den auch die OMV, Siemens oder der ORF zurückgreifen.

Im Durchschnitt kostet ein Kind pro Ganztagskindergarten den Betrieb 4400 Euro im Jahr. Neben der Errichtung fallen Kosten für Spielzeug, Pädagogen oder Instandhaltung an. Wer sein Unternehmen zur Kinderspielstätte ummodeln will, muss sich an strenge Vorschriften halten, die unter anderem im Wiener Kindertagesheimgesetz geregelt sind: Sie reichen von der Bauordnung und dem Brandschutz bis zur Küchenhygiene und Gruppengröße. Derzeit sind es meist Großunternehmen, die mit Betriebskindergärten in der Auslage stehen. Aus einem simplen Grund: "In Kleinbetrieben gibt es nicht so viel Nachwuchs, die Kosten sind aber fast dieselben wie bei einem Großbetrieb", sagt Kaindl. Ein Ausweg für Kleinbetriebe bestünde darin, die freien Plätze an betriebsfremde Kinder zu vergeben.

Zu beachten ist freilich, dass viele Eltern einen Betriebskindergarten auch ablehnen. Sie bevorzugen einen Betreuungsplatz in der Nähe der Wohnung, weil dann auch der Partner das Hinbringen und Abholen leichter übernehmen kann. "Außerdem will ich nicht, dass das Verhalten des Kindes mit mir als Arbeitnehmerin in Verbindung gebracht wird", so der Einwand einer Mutter.