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Purpur für 44 neue Kardinäle

Von Jutta Lauterbach

Politik

Rom - Papst Johannes Paul II. stellt die Weichen für die Kirche der Zukunft. Gleich 44 neue Kardinäle, unter ihnen der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Karl Lehmann, erhalten am Mittwoch, dem 21. Februar, in Rom den Purpur. Noch nie gab es so viele Kardinäle. Ihre herausragende Aufgabe ist die Papstwahl.


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Das neue Kardinalskollegium umfasst nach offiziellen Vatikan-Angaben 185 Purpurträger, darunter 135 Papst-Wahlberechtigte unter 80 Jahren. Die Übergänge sind "fließend"; etliche Kardinäle vollenden demnächst das 80. Lebensjahr und verlieren damit ihr aktives Wahlrecht. Aus dem Kreis der Purpurträger wird der nächste Papst gewählt.

Vatikankenner registrieren einen "Vormarsch der Deutschen", angeführt vom reform- wie dialogorientierten Lehmann (64) und seinem Gegenpart, dem strengen Glaubenswächter Kardinal Joseph Ratzinger (73). "Bei der nächsten Papstwahl stellen die Deutschen die drittstärkste Ländergruppe", rechnet ein Insider vor. Nur Italien und die Vereinigten Staaten seien mit 24 beziehungsweise 11 Wahlberechtigten stärker.

"Das ist sensationell", meint ein Kenner. Deutschland hat insgesamt 9 Kardinäle, darunter 7 Wahlberechtigte beim Konklave. "Seit dem Mittelalter hatten die Deutschen nicht mehr einen so starken Einfluss bei einem Konklave." Lehmann war völlig überraschend nachnominiert worden. Bislang war das Thema "deutscher Papst" im Kirchenstaat tabu. Jetzt gilt: "Ein deutscher Papst ist zumindest denkbar." Die lange favorisierten Italiener sehen sich bereits als die künftigen Außenseiter.

Zum Konsistorium haben sich prominente Gäste aus Deutschland angesagt: Außenminister Joschka Fischer (Grüne) kommt eigens in die Ewige Stadt und gibt einen Empfang. Aus der Heimat des neuen Kardinals Walter Kasper reist Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel (CDU) an.

Bei den Feierlichkeiten auf dem Petersplatz erhalten die 44 neuen Kardinäle das rote Birett und die Ernennungsurkunde. Dazu knien die Purpurträger einzeln vor dem Papst nieder. Am Donnerstag wird der Akt bei einer feierlichen Messe auf dem Petersplatz besiegelt. Dann bekommt jeder Kardinal seinen Ring.

Manche sprechen von einer "Kardinalsschwemme". Denn eigentlich liegt die Obergrenze für den "exklusivsten Club der Welt" bei 120 Papst-Wahlberechtigten. Für das deutliche Überschreiten dieses Limits gibt es in Rom vor allem eine Deutung: Der Papst will das Kardinalskollegium mit Blick auf die angewachsene Weltkirche erweitern.

"Dies könnte ein erster Vorstoß in Richtung auf ein rund 150- köpfiges Kardinalskollegium sein", meint ein Fachmann. "Die Kontinente sollen sich vertreten fühlen, ähnlich wie die Mitgliedsstaaten in der Europäischen Union." Eine starke Bastion sind die Lateinamerikaner mit 27 wahlberechtigten Kardinälen. Sie repräsentieren etwa 50 Prozent der weltweit rund eine Milliarde Katholiken.

Doch bei einem Konklave in der Sixtinischen Kapelle werden sich nach Einschätzung von Experten "Seilschaften über die Kontinente hinweg" bilden: So könnten sich Spanier und Portugiesen nicht für einen Europäer, sondern für einen Lateinamerikaner stark machen. Nur das Profil des nächsten Papstes steht jetzt schon fest: weltgewandt und mehrsprachig.