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Puszta, Autodieb und billig essen

Von Martyna Czarnowska

Europaarchiv

Ungarn gefällt: In einer Beliebtheitsskala unter den EU-Beitrittsländern rangiert das Land in Österreich seit Jahren weit oben. Ein gemeinsamer Geschichtsabschnitt, billigere Einkaufsmöglichkeiten und wohltuende Landschaftsbilder verleiten ÖsterreicherInnen zu überwiegend positiven Assoziationen. Tschechien muss mit einem negativeren Bild vorlieb nehmen, und Polen hätte sich ein Image überhaupt erst aufzubauen. Die Kenntnisse über den größten Beitrittsstaat sind gering.


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Die Puszta ist schön, das Essen billig, und Kaiserin Sisi hat sich in Ungarn auch schon wohl gefühlt. Von so positiven Assoziationen kann Polen nur träumen. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Fessel+GfK verbinden in Österreich 20 Prozent der Befragten mit dem größten Beitrittsland "wirtschaftliche Probleme" und 17 Prozent "Kriminalität". Was ÖsterreicherInnen hingegen zu Ungarn einfällt, sind in erster Linie "Tourismus", "Küche" und "nette, freundliche Leute".

Auch knappe acht Monate vor der Erweiterung der Europäischen Union um zehn überwiegend ost- und mitteleuropäische Länder hat sich an den Vorstellungen vieler ÖsterreicherInnen zu ihren nahen und ferneren Nachbarn nur wenig verändert. "Es gibt Länder mit einem ausgeprägten Image, das kurzfristig nicht besonders variiert", erklärt Peter Ulram von Fessel+GfK. Der Meinungsforscher und Politologe nennt Ungarn und die tschechische Republik als Beispiele. So sei das Ungarn-Bild überwiegend positiv, verzeichne das Land hohe Sympathiewerte. "Österreicher finden kleine reiche Länder - wie ihr eigenes eines ist - sympathisch. Plus Ungarn", fasst Ulram zusammen. Schon 1989 empfanden viele Österreicher-Innen ähnlich: Die häufigste Antwort auf die Frage, aus welchen Ländern sie am ehesten Flüchtlinge aufzunehmen bereit wären, war "Ungarn".

Tschechien hingegen werde deutlich distanzierter gesehen, mit einer negativen Färbung. Was nicht unbedingt auf Geschichts- oder kulturelle Kenntnisse zurückzuführen sei. Dafür halten sich politisch unterlegte Stereotype: So stehen ÖsterreicherInnen der Stabilität der tschechischen Demokratie skeptisch gegenüber.

Immer mehr fühlen sich über Beitrittsstaaten uninformiert

Anders als bei Ungarn und Tschechien haben ÖsterreicherInnen von Polen kaum präzise Vorstellungen. Immerhin geben 59 Prozent der Befragten an, sich gar nicht über das Land informiert zu fühlen. Dabei hat das "subjektive Informationsniveau" im Vergleich zum Jahr 2000 abgenommen - heuer fühlen sich weniger Menschen über die Beitrittsländer informiert als vor drei Jahren.

Falls es doch Vorstellungen von Polen gibt, dann sind diese öfter negativ denn positiv belegt. (Wobei der Autodieb mittlerweile selbst als Witzfigur abgedroschen ist.) In einer vom polnischen Institut für Öffentliche Angelegenheiten publizierten Untersuchung wurden Menschen in Österreich, Spanien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien nach ihren Einschätzungen gefragt. Für rund 45 Prozent der ÖsterreicherInnen war die Bedrohung durch wachsende Kriminalität ein Argument gegen den EU-Beitritt Polens. In anderen Ländern wurde dies nur von knapp über 20 Prozent oder weit weniger so empfunden.

Drei Jahre später hat sich das Bild in Österreich kaum verändert. "Polen hat ein diffuses Image, mit stark negativen Komponenten", berichtet Ulram. Da es aber nicht tief verankert sei, wäre es einfacher zu ändern als das tschechische, trotz dessen positiver Aspekte. Ulram verweist auf das Beispiel Italiens: Vor fünfzehn Jahren noch wurden damit - ähnlich wie bei Polen - "wirtschaftliche Probleme" und "Kriminalität" verbunden. Nun steht das Land im Sympathie-Ranking in Österreich weit oben - gleich hinter Ungarn.

EU-Erweiterung nicht mehr in Frage gestellt

So skeptisch ÖsterreicherInnen auch gegenüber der EU-Erweiterung sein mögen: 90 Prozent von ihnen sei klar, dass der Erweiterungsprozess unumkehrbar ist. So ist auch die Zustimmung gewachsen. "War bis zum Frühjahr 2000 eine Mehrheit gegen die Erweiterung, so ist seitdem eine stabile Mehrheit von 55 bis 60 Prozent dafür", stellt der Meinungsforscher fest. Doch auch dabei wird - je nach Sympathie - nach Ländern unterschieden. So spricht sich laut der letzten Eurobarometer-Umfrage eine Mehrheit für den Beitritt Ungarns, Maltas, Zyperns, Sloweniens und der baltischen Staaten aus.

Eine Mitgliedschaft Tschechiens und der Slowakei wird in Österreich hingegen nicht überwiegend unterstützt. Und gegen einen Beitritt Polens sprechen sich gar 49 Prozent aus. Kein Imageproblem hat dagegen die Schweiz: Diese würden gern 80 Prozent der ÖsterreicherInnen in der EU sehen.