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Wenn der große Bruder nach zehn Jahren Pause den kleinen Bruder wieder besucht, darf es an Streicheleinheiten nicht fehlen. So beschwor Russlands Regierungschef Wladimir Putin - am Vorabend des zwölften Jahrestages des Beginns des Nato-Krieges - bei seinem zweiten Besuch in Belgrad natürlich "Freundschaft, gegenseitige Hilfe und Brüderlichkeit im Geiste". | Im Gegenzug waren in der serbischen Hauptstadt Plakate mit Putins Bild und der Aufschrift zu sehen "Putin ist ein Serbe", und eine Serben-Gemeinde im Kosovo hatte den Russen im Vorfeld des Besuchs sogar zum Ehrenbürger erklärt - eine Ehre, auf die Putin keine so rechte Antwort einfiel, als er in der Pressekonferenz gemeinsam mit Staatspräsident Boris Tadic danach gefragt wurde. Keine Zeit blieb für die Überreichung der
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Ehrendoktorwürde, die die Universität Belgrad dem Russen zuerkannt hat, denn sein Besuch dauerte nur einige Stunden; das Bad in der Menge bei einem Fußballspiel zwischen der Gazprom-Mannschaft Zenit und der von Gazprom gesponserten Mannschaft "Roter Stern" waren Putin offensichtlich wichtiger als akademische Feierstunden.
Abseits aller Feierlichkeiten waren die Wirtschaftsbeziehungen, und da vor allem der Energiesektor, das entscheidende Thema des Besuches. Dabei ging es nicht zuletzt darum, serbische Zweifel am Projekt "South Stream" zu zerstreuen. Sie bestehen wegen EU-Bestimmungen auf dem Energiesektor und wegen Problemen mit der Türkei. Durch die Leitung "South Stream" soll unter Umgehung der Ukraine Erdgas von Russland unter dem Schwarzen Meer über den Balkan nach Mitteleuropa geleitet werden. An dem Projekt beteiligt ist auch Österreich. Über Serbien sollen 450 Kilometer verlaufen. Die russische Seite versicherte, dass der Bau wie geplant 2013 beginnen werde.
Festigen will Russland seinen Einfluss in und auf Serbien noch durch weitere Projekte auf dem Energiesektor. Dabei geht es um die Modernisierung der Donau-Laufkraftwerke Djerdap I und II an der Grenze zu Rumänien, aber auch um den Bau gänzlich neuer Kraftwerke. Putin soll Projekte im Ausmaß von insgesamt zehn Milliarden US-Dollar angesprochen haben, wobei Russland auch am Verkauf von Kampfflugzeugen und generell der Modernisierung der serbischen Streitkräfte interessiert ist.
Konkrete Verhandlungen zwischen Wirtschaftsdelegationen sollen folgen. Russland ist bisher in Serbien vor allem als Öl- und Gaslieferant (Gazprom) und durch Lukoil präsent, der die Raffinerie NIS gehört. Über Projekte für einen 800 Millionen Dollar-Kredit wird seit mehr als einem Jahr verhandelt, wobei Russland damit vor allem Projekte seiner Firmen in Serbien finanzieren will. Zwischen beiden Staaten besteht ein Freihandelsabkommen, das Serbien bisher mangels Kapazitäten allerdings nicht wirklich zu nutzen wusste.