Zweite Geldspritze in der Höhe von 35 Milliarden Euro. | Banken stehen mit 120 Milliarden in der Kreide. | Moskau. Der russische Regierungschef Wladimir Putin hat neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanzkrise angekündigt. Mitte September hat er bereits den drei größten Banken des Landes - Sberbank, Außenhandelsbank und Gasprombank - umgerechnet 41 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, die sie zur Stützung kleinerer Banken und des Wertpapiermarktes verwenden sollten. Die Mittel sollten dem durch Einnahmen aus Energieexporten angehäuften Stabilisierungsfonds entnommen werden und die beginnende Liquiditätskrise eindämmen.
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Nun soll die Zentralbank weitere 35 Milliarden Euro aus ihrer Reserve der Außenwirtschaftsbank zuweisen, die sie ebenfalls an kleinere Banken weitergeben soll. Diese Summen sind als Ausgleich für ausfallende West-Kredite gedacht. Russische Privatbanken wären sonst nicht in der Lage, ihre Auslandsschulden zu bedienen. Bisher nahmen sie dafür neue Anleihen auf den internationalen Finanzmärkten auf, was angesichts der weltweiten Krise derzeit nicht mehr möglich ist.
Die Staatsgelder seien zur Tilgung von Krediten gedacht, die vor dem 25. September 2008 aufgenommen wurden, heißt es.
Die Gesamtverschuldung der Russischen Föderation betrug per 1. April rund 333 Milliarden Euro. Davon entfielen knapp 120 Milliarden auf Banken. Bis Ende 2008 müssen sie 10,6 Milliarden Euro zurückzahlen. Außerhalb des Bankenbereichs müssen 16,7 Milliarden zuzüglich 2,7 Milliarden Euro an Zinsen aufgebracht werden.
Notfalls aus der Notenpresse?
Nach Expertenschätzungen reicht die staatliche Finanzierung bis Ende 2008. Wie der Betrag von 35 Milliarden Euro finanziert werden soll, blieb zunächst unklar.
Da die Notenbank sie zur Verfügung stelle, sei es gleich, ob sie von Konten stammten oder durch Druck neuer Rubel entstünden, schreibt die Tageszeitung "Kommersant".
Putin regte zudem an, dass die Zentralbank das Recht bekommen soll, mit "einigen Kreditorganisationen" Abkommen über die teilweise Deckung der durch Kredite an andere Banken entstandenen Verlusten abzuschließen.
Und schließlich soll die Zentralbank künftig auch nicht durch Rücklagen gesicherte Kredite erteilen können. Obwohl die Regierung gegenüber der Zentralbank nicht weisungsberechtigt ist, hielt Putin es für angebracht, diese Maßnahme persönlich anzukündigen. Faktisch wurden Liquiditätsprobleme bisher vom Finanzministerium geregelt. Nun bekommt die Zentralbank diese gesetzlich festgeschriebene Zuständigkeit quasi überschrieben.
Zwischenlösung als System?
Die russische Regierung brauche anders als ihre Kollegen in anderen Ländern weder auf Rufschädigung, noch auf Vorwürfe einer unerlaubten Einmischung in die Wirtschaft, ja nicht einmal auf den Staatshaushalt Rücksicht zu nehmen, schreibt der "Kommersant". Zwar müssen auch in Russland Gesetzesänderungen von der Staatsduma, dem Parlament, beschlossen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass das russische Parlament - wie jetzt der US-Kongress - den Antrag des Präsidenten zurückweist, sei jedoch gleich null.
Deshalb wäre es denkbar, dass aus den Interimsmaßnahmen zur Krisenprävention mittelfristig ein System der Wirtschaftsfinanzierung durch staatliche Investitionen entsteht, die Investitionen aus dem Ausland ersetzen sollen.