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Putin soll Akten freigeben

Von Michael Schmölzer

Politik

Fragen der bilateralen Zusammenarbeit auf parlamentarischer Ebene, die Osterweiterung der EU, gegenseitige Wirtschaftsbeziehungen sowie die Frage der Entschädigungszahlungen für russische Zwangsarbeiter: Das waren die Kernthemen einer Unterredung des österreichischen Nationalratspräsidenten Heinz Fischer mit seinem russischen Amtskollegen, dem Vorsitzenden der Staatsduma Gennadi Selesnjow, gestern in Wien. Zudem wird Selesnjow Präsident Putin ein Ansuchen Österreichs auf Akteneinsicht übermitteln.


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Wenn Gennadi Selesnjow nach den Treffen mit Außenministerin Benita Ferrero-Waldner und Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl zurück nach Moskau fliegt, hat er ein eigenes Ansuchen des österreichischen Staatsarchivs an Präsident Putin mit in seienem Koffer: Erbeten wird nämlich die Freigabe von österreichischem Aktenmaterial aus den Jahren 1945-55, die Möglichkeit einer Einsichtnahme in russische Primärquellen aus dieser Zeit und die Einrichtung einer österreichisch-russischen Historikerkommission.

Von einem Journalisten auf die Rolle der Staatsduma in Wladimir Putins Machtkalkül angesprochen, meinte Selesnjow, dass Putin zwar "seine Fraktion" im Parlament habe, was aber keiner absoluten Stimmenmehrheit entspreche. Den Vorwurf, dass die Duma gleichsam am Gängelband des russischen Präsidenten hänge, ließ Selesnjow daher nicht gelten: Der Kontakt Putins zum russischen Parlament sei zweifellos intensiver, als sein Vorgänger Jelzin ihn gepflogen hätte, auch agiere Putin "zentralistischer": Davon, dass Putin jedes Gesetz durchbringe, könne allerdings nicht die Rede sein, so Selesnjow. Im Hinblick auf die Annäherung seines Landes zu Weißrussland meinte der Duma-Vorsitzende, dass hier eine "Konföderation" im Entstehen sei. So sei ein Regierungsabkommen zu einer einheitlichen Währung bereits vom russischen Parlament ratifiziert worden. "Die Atomisierung der Sowjetunion" habe dazu geführt, "dass viele der Nachfolgestaaten sehr arm geworden sind", meinte Selesnjow.