Bis zu einem Prozess wegen des Ukraine-Krieges ist es ein weiter Weg.
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Wien/Den Haag/New York. Auf der Seite Russlands standen nur noch vier Schurkenstaaten. Nordkorea, Eritrea, Syrien und Belarus waren die einzigen vier Länder, die neben Russland im UN-Sicherheitsrat gegen eine Resolution stimmten, die das Vorgehen der Russischen Föderation in der Ukraine verurteilt. 35 Staaten enthielten sich, während 141 UNO-Mitgliedstaaten - darunter auch Österreich - für die Resolution stimmten.
Eine überwältigende Mehrheit verurteilt somit sowohl die Militäroperation Russlands in der Ukraine als auch den Befehl Putins, die Abschreckungswaffen der Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft zu versetzen. Moskau wird aufgefordert, den Angriff auf ein anderes UN-Mitgliedsland unverzüglich zu beenden.
Die Abstimmung zeigt nicht nur, wie sehr Russlands Präsident Wladimir Putin sein Land mittlerweile isoliert hat. Sie macht darüber hinaus deutlich, wie wenig Verständnis international für Putins Rechtfertigung seines Einmarschbefehles herrscht.
Der russische Machthaber hatte bei seiner Kriegserklärung selbst auf Teil 7 Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen verwiesen. Verkürzt formuliert, gesteht dieser Artikel den UN-Mitgliedern ein Selbstverteidigungsrecht zu. Putin begründete dies damit, dass die Sicherheit Russlands von der Nato bedroht werde. Außerdem sprach er davon, dass an den Russen in der Ostukraine ein Genozid verübt werde.
Das Selbstverteidigungsrecht gilt aber nach allgemeiner Auffassung erst nach einem bewaffneten Angriff, der zu keinem Zeitpunkt gegen die Atommacht Russland erfolgt ist. Und für seine Behauptungen vom Genozid hat Russland nur Propaganda in seinen Fernsehkanälen abgespielt, aber nie auch nur einen Beweis vorgelegt, der einer stichhaltigen Überprüfung vor einem internationalen Gericht genügen würde. Vielmehr hat ganz offensichtlich Russland selbst mit seinem Angriffskrieg gegen das Völkerrecht verstoßen. Denn das in der UNO-Charta verankerte Gewaltverbot verbietet jegliche Gewalt gegen die territoriale Souveränität und Unabhängigkeit eines anderen Staates.
Mittlerweile gehen die Vorwürfe darüber hinaus. So hat Alexander Marschik, Österreichs Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen, in seiner Rede in New York betont, dass die Berichte über russische Angriffe auf Zivilisten und zivile Objekte in städtischen Gebieten äußerst beunruhigend seien. "Diese Angriffe stellen nach dem humanitären Völkerrecht Kriegsverbrechen dar", betonte Marschik.
Strafgerichtshof leitet Ermittlungen ein
Am Donnerstag hat dann auch der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes (IStGH) Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in der Ukraine eingeleitet. Dabei geht es nicht nur um Vorgänge, die seit Beginn der russischen Invasion stattgefunden haben. Untersucht werden etwa auch die Besetzung der Krim oder die schon Jahre andauernden Kämpfe in der Ostukraine.
So sehr die Bombardierung von Zivilisten ein Kriegsverbrechen darstellt - es ist unwahrscheinlich, dass sich dafür jemals Präsident Putin oder ein anderer hochrangiger russischer Verantwortlicher vor Gericht verantworten muss oder dafür verurteilt wird.
Denn die Beweisführung ist enorm schwierig. Es muss nachgewiesen werden, dass die Angeklagten die Verbrechen in Auftrag gegeben haben - dafür bedarf es eines genauen Einblicks in die Kommandostruktur. Noch viel schwerer wiegt aber, dass Russland - ebenso wie etwa die USA oder China - den IStGH nicht anerkennt.
Trotzdem könnten Putin und sein Umfeld eine Anklage durch das Weltstrafgericht zu spüren bekommen. Denn dann wäre jeder Vertragsstaat verpflichtet, die Angeklagten auszuliefern. Nachdem dazu etwa die gesamte EU, fast ganz Lateinamerika oder auch weite Teile Afrikas gehören, wäre die Bewegungsfreiheit sämtlicher Angeklagter enorm eingeschränkt. Darüber hinaus hätte eine derartige Anklage eine große symbolische Bedeutung, was Recht und Unrecht in diesem Krieg bedeutet.(klh)