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M o s k a u - Wenn Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag Peking besucht, ist dies ein Testlauf für die neuen außenpolitischen Prämissen Russlands. Asien gilt der erst zwei Wochen alten Neuausrichtung Russlands zufolge mehr denn je als "privilegierter Partner", um dem US-Übergewicht in der Fernost-Region zu trotzen. Die zweitägige Visite soll vor allem die bilateralen Beziehungen auf wirtschaftlichem und militärischem Gebiet verbessern, heißt es in Diplomatenkreisen.
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Nicht nur in Asien, auch weltweit soll die Zusammenarbeit beider Länder verbessert werden, lautet das Ziel.
Die Moskauer Führung registrierte in jüngster Vergangenheit wohlwollend, dass sie mit China bei den "Schlüsselfragen der internationalen Politik" auf einer Wellenlänge liegt. Putins Doktrin zufolge setzt Russland auf ein "multipolares System in den internationalen Beziehungen". Klare Zielsetzung dieses Kurses ist es demnach, die Tendenz zu einer weltweiten US-Vorherrschaft "auf wirtschaftlichem und militärischem Sektor" zu brechen. Asien habe dabei für Russland eine entscheidende Bedeutung. Putins bevorstehende Visite in Peking passe nun "hervorragend ins Konzept", sagte ein russischer Diplomat. Wirtschaftlich gebe es noch Bedarf an Verbesserungen, denn die vorhandene Kooperation bleibe bislang noch hinter den Möglichkeiten zurück.
Einigkeit besteht zwischen China und Russland vor allem in der einhelligen Ablehnung des geplanten nationalen US-Raketenabwehrsystems (NMD). Nach Meinung der Staatsführungen würde die Einrichtung des NMD einen unkontrollierten Rüstungswettlauf in Asien in Gang setzen. Dieses Thema werde mit Sicherheit auf der gemeinsamen Agenda von Jiang und Putin stehen, verlautete aus der Umgebung des russischen Präsidenten. Vor dem Hintergrund der US-Pläne solle bei dem Putin-Besuch in China ein "strategischer Pakt" ausgehandelt werden, der das "Vertrauen in der gegenseitigen Beziehung" dauerhaft stärken solle.
Mit vereinten Kräften wollen die beiden Riesenreiche sich auch der Kriminalitätsbekämpfung im asiatischen Raum widmen. Im Fadenkreuz stehen dabei besonders der Drogen- und Waffenschmuggel islamischer Terrororganisationen. Bereits beim Treffen der "Schanghai-Gruppe" aus den Staats- und Regierungschefs von Russland, China, Kasachstan, Kirgisien und Tadschikistan Anfang Juli hatten Putin und Jiang die Einrichtung eines gemeinsamen "Anti-Terror-Zentrums" in der Region vereinbart.
Peking und Moskau seien gleichermaßen interessiert an einer militärtechnischen Zusammenarbeit, meinte Dmitri Trenin von der Carnegie-Stiftung. Aus dem russischen Außenministerium hieß es, Putin erhoffe sich auch bei dem relativ neuen Problem der illegalen Einwanderung aus China Fortschritte durch die guten Beziehungen zum östlichen Nachbarn.