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Erster Vize-Premier wird befördert und erhält eigene TV-Sendung. | Verteidigungsminister Iwanow aus dem Rennen. | Moskau. Der russische Präsident Wladimir Putin hat in seiner Jahrespressekonferenz am Donnerstag im Kreml versichert, er habe keinen konkreten Wunschnachfolger im Auge. "Ich habe schon mehrmals erklärt: Es wird keinen Nachfolger, sondern mehrere Kandidaten für den Posten des Präsidenten Russlands geben. Unser Volk wird seine Wahl treffen", betonte Putin vor einer Rekordzahl von 1232 Medienvertretern.
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Experten sind sich inzwischen jedoch einig, dass Putin, der selbst bei der Wahl 2008 gemäß Verfassung nicht wieder antreten darf, den Ersten Vize-Premier Dmitri Medwedjew im März nächsten Jahres an die Staatsspitze hieven will. Den Anlass dazu gab die Sitzung des Präsidiums der Vereinigung der Juristen Russlands (AJR) am Dienstag, der einzigen russischen Vereinigung, in der Putin Ehrenmitglied ist. Bei der Sitzung waren hochrangige russische Beamte wie Justizminister Wladimir Ustinow, Generalstaatsanwalt Juri Tschaika und der Leiter der zentralen Wahlkommission, Alexander Weschnjakow, anwesend. Nur das Fehlen von Geheimdienst-Direktor Nikolai Patruschew und Verteidigungsminister Iwanow ließ diesen Anlass nicht wie eine Regierungssitzung im Kreml aussehen. Die Versammlung wählte den 42-jährigen Dmitri Medwedjew zum Vorstandsvorsitzenden. Außer ihm gehören zum Vorstand führende Vertreter der russischen Gas- und Erdölindustrie - der Konzerne "Lukoil", "Rosneft" und "Surgutneftegas" - sowie der russischen Sberbank.
Medwedjew kündigte die Einrichtung einer eigenen Fernsehsendung der Juristenvereinigung, der "Pravo (Recht) TV" an, die der Fernsehsender NTV Plus ausstrahlen wird. Die reichlich finanzierte AJR hat auch bekannt gegeben, rund 24.000 Rechtsberatungsstellen in allen 89 Regionen Russlands einzurichten, die alle russischen Bürger in Rechtsfragen gratis informieren sollen.
Der Wahlstab steht
All dies bezeichnen russische Experten als Bildung eines Wahlstabs für Medwedews. Obwohl Putin ihn direkt noch nicht als "seinen" Kandidaten bezeichnet hat, wurde die Wahl hinter den Kulissen offensichtlich bereits getroffen. Somit wird Medwedjew zum Favoriten im Wahlkampf und hat gute Chancen auf den Präsidentensessel: Laut einer Umfrage des bekannten Moskauer Meinungsforschungsinstituts Lewada würden 37 Prozent der Russen Putin bei seiner Entscheidung über seinen Kronprinzen blind folgen.
Weitere potentielle Kandidaten wie Verteidigungsminister Iwanow oder der Vorsitzende des Föderationsrats (der zweiten Parlamentskammer), Sergej Mironow, sind somit aus dem Rennen.
Genaue Gründe dafür sind nicht bekannt. Obwohl Iwanow nach einigen Skandalen wegen Rekrutenschinderei in der russischen Armee am Image in der Bevölkerung eingebüßt hat, dürften eher andere Gründe wie Loyalität gegenüber dem amtierenden Kremlchef entscheidend sein. Es ist inzwischen klar, dass Wladimir Putin seinen Einfluss auf die Politik auch über die Wahl 2008 hinaus sichern will. Bei seiner Pressekonferenz betonte Putin noch einmal, dass er "persönliche Verantwortung dafür trägt, wie es mit Russland weitergeht, und dass eine Konsolidierung aller Machtstrukturen dafür besonders wichtig ist."