USA nach der | der Zwickmühle. | Rätselraten um Benazir Bhutto. | die Rolle von Benazir Bhutto. | NeuDelhi. "Die Polizei hat gnadenlos auf uns eingeprügelt", beschrieb der Rechtsanwalt Mudassir Saeed die Lage in Rawalpindi. Auch in anderen Städten Pakistans gingen am Montag wütende Juristen auf die Straßen, um gegen die Verhängung des Ausnahmezustandes zu protestieren. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Tränengas gegen die Demonstranten ein. Es gab zahlreiche Festnahmen, Augenzeugen berichteten von 250 Verhafteten.
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Musharraf dementiert Hausarrest-Gerüchte
Während der Protest auf den Straßen gewaltsam niedergeschlagen wurde, musste sich Pakistans Präsident Pervez Musharraf gegen Gerüchte wehren, er selbst stehe unter Hausarrest, festgesetzt von Untergebenen, die seine Notstandsentscheidung nicht billigten. Musharraf sprach von einem "Scherz allerhöchster Güte". Und ein Regierungssprecher sagte, der Präsident treffe sich in seinem Amtssitz mit ausländischen Diplomaten.
Doch im Land kursierten Hinweise darauf, dass ausländische Gesandte dem General geraten hätten, das Land umgehend zu verlassen. Putschgerüchte machten die Runde. Die Börse in Karachi brach ein. Der wichtige KSE-100-Index fiel um 4,7 Prozent.
Es herrscht Unsicherheit am Tag 3 des faktischen Kriegsrechts in Pakistan. Massenproteste wie im März dieses Jahres sind ausgeblieben. Damals waren zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Musharrafs Entscheidung, den unbequemen Obersten Richter Iftikhar Chaudhry abzusetzen, zu protestieren. Etwa 500 Menschen sind allein laut offiziellen Angaben verhaftet worden.
USA machen milde Miene zum bösen Spiel
Die USA, für die Pakistan ein wichtiger Partner im Anti-Terrorkampf ist, machen hingegen milde Miene zum bösen Spiel. Man wolle die Hilfen für Pakistan prüfen, erklärte US-Außenministerin Condoleezza Rice. Seit 2001 hat das Land fast elf Milliarden US-Dollar erhalten. Das ist selbst für eine Großmacht keine kleine Summe. Doch die Ankündigung war mehr Rhetorik als Drohung. Denn Verteidigungsminister Robert Gates machte umgehend klar, die USA würden nichts unternehmen, was die gemeinsamen Anstrengungen der beiden Staaten bei der Terrorismus-Bekämpfung unterlaufen könnte.
Amerika befindet sich in einer Zwickmühle. Offiziell möchte es die demokratische Erneuerung Pakistans fördern, doch es braucht eine starke und berechenbare Regierung in Islamabad, die den zermürbenden Krieg gegen die Taliban- und Al-Kaida-Kämpfer im Grenzgebiet zu Afghanistan führt. Selbst Optimisten gehen nicht davon aus, dass sich die Lage dort in absehbarer Zeit beruhigt.
Musharraf war bis dato ein verlässlicher Partner des Westens. Dass er auch Befehlshaber der Armee ist, erleichtert die Zusammenarbeit. Denn das Militär ist die starke Macht im Land. Es hat Pakistan 32 von 60 Jahren regiert. Die 20 zivilen Regierungschefs hatten stets eine wackelige Machtbasis und standen nie eine volle Amtszeit durch. Und die USA möchten sich nur ungern auf Experimente einlassen.
Die Rolle von Oppositionsführerin Benazir Bhutto gibt weiter Rätsel auf. Seit längerem verhandelt sie mit Präsident Musharraf über einen Machtdeal, den auch die USA befürworten. Die bei der Bevölkerung beliebte Ex-Premierministerin soll für die demokratische Legitimität der Regierung sorgen. Im Gegensatz zu anderen Oppositionspolitikern steht Bhutto nicht unter Hausarrest, sondern gibt in ihrem Haus in Karachi weiter Interviews. Zwar hat sie den Ausnahmezustand verurteilt, doch sie hat ihre Partei nicht zu Protesten aufgerufen. Das spricht dafür, dass sie weiter auf einen Machtpakt mit dem Präsidenten spekuliert.
Bhutto sollte noch am Montagabend mit einem engen Mitarbeiter Musharrafs zu Gesprächen zusammentreffen. Wie ein Arrangement zwischen den beiden Politikern aussehen könnte, ist allerdings unklar.
Musharraf hatte die am Samstag erfolgte Ausrufung des Ausnahmezustands mit der wachsenden Bedrohung durch islamistische Extremisten begründet. Mit diesem Schritt war er der Entscheidung des Obersten Gerichtes zuvorgekommen, das seit Wochen darüber verhandelt, ob der General überhaupt für eine weitere Amtszeit hätte kandidieren dürfen. Das Parlament hatte Musharraf zwar Anfang Oktober wiedergewählt, doch die Richter hatten sich eine Verfassungsprüfung vorbehalten. In der letzten Woche hatte es zunehmend Hinweise darauf gegeben, dass die Richter gegen Musharraf entscheiden würden.
Musharraf war 1999 bei einem unblutigen Militärcoup an die Macht gekommen. Nach den Anschlägen vom 11. September 2001 stellte er sich im Anti-Terror-Kampf auf die Seite der USA. Seine Haltung brachte ihm im eigenen Land viele Feinde ein. Seit der Stürmung der radikal-islamischen Roten Moschee durch die Armee im Juli sind mehr als 800 Menschen bei Selbstmordanschlägen ums Leben gekommen.