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Pyrrhussieg für Speditionsbranche

Von Franz Steinbauer

Wirtschaft

Richter begründen Vorgehen mit einer schon 15 Jahre alten Bagatellentscheidung. | Wettbewerbshüter werden Berufung beim Obersten Gerichtshof einlegen. | Wien. Für den Augenblick scheint den Spediteuren das Glück hold zu sein. Die Branche errang vor dem Kartellgericht einen Etappenerfolg, der sich jedoch letztlich als Pyrrhussieg herausstellen dürfte. Die Begründung der Richter lautete: Es handle sich um einen Bagatellfall. | Analyse: Der Personalmangel setzt die Glaubwürdigkeit der Justiz aufs Spiel


Damit sind die rund 40 betroffenen Unternehmen, denen ein sogenanntes "Hardcore-Kartell" von 1994 bis 2007 beim Sammelladungsverkehr von Stückgut vorgeworfen wird, vorerst aus dem Schneider - bis zur Entscheidung der nächsten Instanz.

"Nicht nachvollziehbar"

Denn die Bundeswettbewerbshüter wollen nicht nur beim Obersten Gerichtshof ein Rechtsmittel gegen die Einstellung des Verfahrens einlegen. Die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) wird auch die EU-Kommission um eine Stellungnahme zu dem Beschluss des Kartellgerichts bitten. "Für die BWB ist nicht nachvollziehbar, wie ein österreichisches Gericht nach einer Kronzeugenaussage und sechs Geständnissen von Spediteuren zu einer solchen Entscheidung kommen kann", betont BWB-Chef Theodor Thanner. "Den Schaden trägt der Konsument", spielt Thanner auf die höheren Preise an, die sich durch ein "Hardcore-Kartell" zwangsläufig einstellen. Die BWB ortet ein "klares Versagen" des Kartellgerichts. Es gehe eben nicht um eine "Bagatelle", stellt Thanner klar. Das Rechtsmittel soll der BWB zufolge spätestens in vier Wochen dem Obersten Gerichtshof zugehen.

Erst im Jänner hatte eine Reihe von Unternehmen die Teilnahme an Kartellabsprachen eingestanden. Ein Gremium mit dem etwas sperrigen Namen "Speditions-Sammelladungs-Konferenz" (SSK) hatte offenbar als Koordinierungstelle gedient.

Die BWB leitete bereits im Februar des vergangenen Jahres Ermittlungen gegen mehrere Dutzend Spediteure ein und beantragte Geldbußen in zunächst unbestimmter Höhe. Ein Kronzeuge - in der Branche gilt als sicher, dass es die traditionsreiche heimische Spedition Schenker ist, die mittlerweile zur Deutschen Bahn gehört - hatte mit der BWB eng kooperiert und die Kartellabsprachen offen gelegt.

Die Entscheidung des Kartellgerichts betrifft ausschließlich die bereits erwähnte SSK, die beim Zentralverband für Spedition und Logistik angesiedelt war. Nicht jedoch ein zweites Kartell, in dem Informationen zwischen den Spediteuren und der ÖBB-Güterverkehrstochter Rail Cargo Austria für die Tarifgestaltung ausgetauscht worden sein sollen.

Hohe Strafen

Von den Ermittlungen nicht betroffen war die Post, obwohl auch dieses Unternehmen Mitglied des Zentralverbandes für Spedition und Logistik - es handelt sich dabei um einen privaten Lobbyingverein - ist. Ebenfalls nicht betroffen sind Frächter. Zur Erklärung: Frächter transportieren Waren via Lkw, während Spediteure den Güterverkehr neutral vermitteln, also über Straße, Schiene sowie See- und Luftfracht. Insgesamt hat der Zentralverband Spedition rund 1500 Mitglieder. Das Ermittlungsverfahren war vom Ausmaß her mit dem Verfahren gegen das Aufzugskartell vergleichbar, der bisher größten Kartell-Sache in Österreich. 2008 gab es hier Strafen im Ausmaß von rund 80 Millionen Euro.