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Qualmen schädigt kluge Köpfe

Von Heiner Boberski

Wissen

Österreich ist in Europa die Rauchernation Nummer eins. | +++ Ansteigen tabakbedingter Todesfälle. | Wien/Innsbruck. In zahlreichen Ländern wurden in jüngerer Zeit Rauchverbote für öffentliche Gebäude und Gaststätten erlassen, zumindest werden solche Maßnahmen geplant. Auch in Österreich, wo man vor wenigen Jahrzehnten sogar für Schüler "Raucherzimmer" einrichtete, folgt man diesem Trend, was nun auch rauchende Lehrkräfte in Verlegenheit bringt.


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Die Maßnahmen haben aber gute Gründe, wie eine Studie von David Bernhard von der Sektion für Experimentelle Pathophysiologie und Immunologie am Biozentrum Innsbruck zeigt. Die dortigen Forscher untersuchten das Rauchverhalten von Medizinstudierenden und analysierten dabei deren Blut. Das erschreckende Ergebnis: Im Blut der rauchenden Studenten fanden sich zahlreiche Metalle, welche von Zigaretten herrühren und die Blutgefäße der jungen Menschen schädigen.

Österreich ist europaweit die Nummer eins, wenn es um die Zahl der Raucher in der Bevölkerung geht, und hat den vormals führenden südeuropäischen Staaten, wie Portugal oder Griechenland, längst den Rang abgelaufen. Rund 47 Prozent der erwachsenen Bevölkerung greifen täglich zum Tabak.

Die Studierenden an der Medizinischen Universität Innsbruck sind laut Umfrage zu 35 Prozent Raucher. Von den Nichtrauchern gaben 71 Prozent an, dass sie regelmäßig Zigarettenrauch ausgesetzt sind. In den Blutproben der rauchenden Studenten wurden deutlich erhöhte Werte für Metalle wie Cadmium und Strontium gemessen. Auch bei den Passivrauchern gab es einen Trend zu erhöhten Werten. Dieser war freilich nicht signifikant, weshalb die Forscher derzeit an einer weiteren, größeren Studie arbeiten. Die während eines Praktikums durchgeführte erste Untersuchung umfasste 56 Probanden. "Dass so viele angehende Medizinerinnen und Mediziner rauchen, hat uns schon etwas überrascht", sagt David Bernhard. Schließlich seien rauchende Ärzte keine besonders guten Vorbilder.

Klassischer Risikofaktor

Die Arbeitsgruppe um Bernhard beschäftigt sich seit einigen Jahren mit den Folgen von Rauchinhaltsstoffen für die Blutgefäße. In entsprechenden Zellkulturexperimenten konnte man bereits nachweisen, dass Metalle aus dem Zigarettenrauch zur Oxidation von zellulären Eiweißstoffen führen. Durch diesen oxidativen Stress werden zelluläre Strukturen, wie das Mikrotubulussystem und in weiterer Folge verschiedenste Komponenten des Zytoskeletts, zerstört. Die Rauchinhaltsstoffe fungieren wie andere klassische Risikofaktoren bereits im frühesten Stadium der Arteriosklerose als Stressfaktoren für die gefäßauskleidenden Zellen. Inzwischen hat eine internationale Umfrage, die eine Gruppe um Charles Warren von der US-Gesundheitsbehörde CDC im britischen Fachjournal "The Lancet" veröffentlichte, ergeben, dass in vielen Ländern bereits ähnlich viele Mädchen wie Burschen rauchen. Für die Analyse wurden 750.000 Jugendliche im Alter von 13 bis 15 Jahren in 132 Ländern befragt. Frühere Studien hatten ergeben, dass nur ein Viertel so viele Frauen rauchen wie Männer. Unter den befragten Jugendlichen rauchten jedoch bereits fast halb so viele Mädchen wie Burschen. In vielen Ländern sei schon gar kein Unterschied mehr festzustellen.

Verbotene Zusatzstoffe

Insgesamt rauchten weltweit neun Prozent der Schüler Zigaretten. In Amerika und Europa sind es der Umfrage zufolge fast doppelt so viele wie in den restlichen Teilen der Welt. Gesundheitsexperten fürchten eine weltweite Verdoppelung der tabakbedingten Todesfälle bis 2020 auf zehn Millionen. Eine Studie der Berliner Universitätsklinik Charite und der Universität Bern im Auftrag des Schweizer Bundesamts für Gesundheit (BAG) hat in 29 von 32 in der Schweiz verkauften Zigarettenmarken verbotene Zusatzstoffe gefunden. Das Amt forderte von den Herstellern Gegenmaßnahmen. Wie der Zigarettenmulti Philip Morris erklärte, machen Zusatzstoffe den Tabakrauch nicht schädlicher als er sowieso schon ist. Allerdings seien, so Morris, klare Standards bei der Verwendung solcher Zusatzstoffe begrüßenswert.