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Quelle Österreich: Plan B ist futsch

Von Hermann Sileitsch

Wirtschaft

Otto-Gruppe kauft gesamte Marke und Geschäft in Russland. | Zukunft der Linzer Quelle AG mit 1100 Mitarbeitern ungewisser als je zuvor. | Hamburg/Wien. Das Schicksal von Quelle Österreich und ihren 1100 Mitarbeitern ist so gut wie besiegelt: Am Donnerstag erwarb der deutsche Versand riese Otto die Rechte an der Marke und das gesamte Russland-Geschäft. Damit wird der gesonderte Verkauf der Österreich-Tochter nahezu unmöglich. | Russland: Ein Riesenmarkt mit Risiken


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"Diese Nachricht hat uns wie eine Keule getroffen", kommentierte Quelle-Österreich-Chef Wolfgang Binder. Für ihn war damit schlagartig "Plan B" nach der Insolvenz der Muttergesellschaft in Deutschland gescheitert: Dieser hätte vorgesehen, die internationalen Quelle-Gesellschaften rund um und mit Quelle Österreich fortzuführen. Dennoch will Binder die Hoffnung nicht aufgeben: "Noch sehe ich eine Überlebenschance, wenngleich sie eher bescheiden ist." Die allerletzte Rettung bestehe darin, dass ein Investor die Markennutzungsrechte für den heimischen Markt von Otto zurückkauft und den Versandhandel in Österreich als Stand-alone-Lösung betreibt. Ein potenzieller Interessent müsste dem Vernehmen nach 70 Mio. Euro für das Österreich-Geschäft hinblättern. Als mögliche Interessenten werden der französische Versandhandelskonzern La Redoute sowie der Schweizer Modekonzern Vögele, der auch in Österreich vertreten ist, gehandelt. Laut Quelle-Sprecher Michael Obermeyr soll es bis Dienstag oder Mittwoch der nächsten Woche eine definitive Entscheidung geben.

Handelsexperten halten einen Alleingang jedoch für unrealistisch - dafür sei die Infrastruktur von Quelle in Österreich inklusive Verwaltung, Lager und Logistik völlig überdimensioniert.

Ursprünglich war Otto selbst als einer der möglichen Interessenten für Quelle Österreich gehandelt worden. Nun betonte ein Sprecher, man wolle den Verkauf der Linzer Quelle AG nicht behindern. Falls sich ein Investor fände, sei Otto bereit, die Marke anzubieten. "Wir werden dabei fair und gewissenhaft prüfen", hieß es. Die österreichischen Quelle-Mitarbeiter sollten "eine faire Chance haben".

Das Arbeitsmarktservice (AMS) Oberösterreich hat sich, wie berichtet, auf einen möglichen Ansturm von Jobsuchenden bereits gerüstet und würde Außenstellen bei Quelle Linz einrichten. Derzeit ist jedoch noch kein Mitarbeiter beim AMS-Frühwarnsystem angemeldet.

Auch Privileg verkauft

Otto, die größte Versandshandelsgruppe der Welt mit Sitz in Hamburg, sicherte sich in einem offenen Bieterverfahren die Markenrechte am langjährigen Konkurrenten Quelle sowie an den Eigenmarken wie den Privileg-Elektrogeräten. Die erworbenen Rechte umfassen die Nutzung der Marken, Logos sowie der meisten Internet-Adressen in Österreich, Deutschland, Russland und weiteren mittel- und osteuropäischen Ländern.

Darüber hinaus übernimmt Otto aus der Insolvenzmasse von Primondo alle Gesellschaftsanteile an der ZAO Mail Order Service - und somit das gesamte russische Versandhandelsgeschäft des insolventen Konkurrenten aus Fürth. Otto habe sich gegen zahlreiche Konkurrenten durchgesetzt, berichtete der Quelle-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden.

Nicht enthalten sind im Kaufvertrag die Marken Küchen Quelle und Foto-Quelle sowie der Quelle-Kundendienst Profectis, die Call Center und der Home Shopping Kanal HSE 24. Für diese Gesellschaften laufen die Verkaufsgespräche weiter.

WissenDie Otto-Gruppe wurde 1949 in Deutschland gegründet und agiert heute weltweit mit knapp 50.000 Mitarbeitern.

Mit den Segmenten Einzelhandel, Finanzdienstleistungen und Service wurde im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008/09 ein Umsatz von 10,1 Mrd. Euro erzielt, womit Otto die größte Distanzhandelsgruppe der Welt ist. Im Online-Handel liegt Otto hinter Amazon auf Platz zwei.

In Österreich sind die beiden Versandmarken Otto und Universal in der Otto-Tochter Unito gebündelt. Deren Umsatz lag im abgelaufenen Geschäftsjahr bei 158 Mio. Euro.