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Quergestreift und kleinkariert

Von Tamara Arthofer

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Tamara Arthofer
Tamara Arthofer ist Sport-Ressortleiterin.

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Jetzt aber zu den wirklich wichtigen Problemen: Der FC Barcelona bricht ein mehr als hundert Jahre altes Tabu. Der stolze Klub aus Katalonien, bestehend seit 1899 und sich Werte wie Traditionsbewusstsein an seine Klubfahnen heftend, will seinen Spielern in der kommenden Saison quergestreifte Trikots zumuten, sollte nicht schleunigst ein Untersuchungsausschuss diese Katastrophe noch abwenden. Denn als solche wird das neue Gewand, das in der Sportzeitung "Sport" am Dienstag zum ersten Mal gezeigt wurde, offenbar gesehen, zumindest legen die Hasstiraden im Internet dies nahe.

Von einer "Schändung" und "Schwachsinn" ist die Rede, die Klubführung sieht sich sogar mit Rücktrittsforderungen konfrontiert; und schon ist die erst wenige Tage alte Aufregung nach der Bekanntgabe Real Madrids, einem Sponsor aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zuliebe auf das christliche Kreuz im Vereinswappen zu verzichten, vergessen. Auch halbwegs seriöse Zeitungen echauffieren sich mittlerweile über die "Revolution" bei Barcelona. "Das gefällt nicht", titelte die "Mundo Deportivo". Alles habe schließlich seine Grenze.

Dabei spricht nicht einmal der sonst so ausgeprägte Nationalstolz gegen die Querstreifen, die es - anders als im Wappen - auch in der Flagge Kataloniens gibt. Und mit seiner Tradition der blanken Brust hat Barcelona ohnehin schon längst gebrochen. Hatte dies 2006 noch Wohlwollen hervorgerufen, weil man mittels Schriftzug auf den Dressen für das Kinderhilfswerk Unicef und damit die gute Sache warb, wurde es mit dem Trikotsponsor Qatar Airways 2012/13 schon schwieriger.

Sich jetzt wegen der Streifen querzulegen, ist nicht nur ein bisschen lächerlich, sondern auch heuchlerisch. Dabei werden die Nike-Designer gar nicht so unglücklich über die Aufregung sein. Ein Boykott ist eher nicht zu erwarten, und die Aufmerksamkeit hat man allemal. Denn es stimmt schon: Kleider machen Leute. Noch mehr aber machen Leute Kleider, die auch Geld damit machen wollen.