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Quirlige Nonne als Superstar

Von Bernhard Baumgartner

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Sie ist schon seit einigen Wochen ein YouTube-Star. Doch seit Donnerstagabend ist die 25-jährige Cristina Scuccia ein Superstar. Denn sie hat die italienische Ausgabe der Castingshow "The Voice" überlegen gewonnen. Allerdings birgt die quirlige Sizilianerin einen Überraschungseffekt: Sie ist Nonne in einem Orden der Ursulinen. Und dieser Überraschungseffekt bescherte Publikum und Juroren etliche Aha-Erlebnisse der Extraklasse. Denn bei Suor Cristina passen Stimme und Bühnenpräsenz perfekt, so gesehen ein verdienter Sieg. Jedoch der Habit, den sie auch im Finale nicht gegen ein Bühnenkostüm tauschte, machte immer wieder aufs Neue den Bruch mit unseren Erwartungen offenbar. Denn dass eine Ordensfrau zu Hits wie "What a feeling" oder "Girls just wanna have fun" abrockt, ist ein bewusstes Spiel mit unseren Vorurteilen. Für den italienischen Sender Rai Due ist das natürlich ein Glücksfall, den man gar nicht besser inszenieren hätte können. Im Finale traten die Backgrundtänzer erst in Kutten auf, die sie dann abschüttelten, um in bunten Outfits abzurocken.

Jetzt gibt es bei Shows wie "The Voice" immer wieder Überraschungen zu erleben. Und es sind genau die Kandidaten, die nicht in unser Schema passen, die uns den meisten Genuss bringen. Sei es das tätowierte Punk-Girl, das Händel singt, oder der ältere Schuster, der mit einer Opernstimme verblüfft: Wir mögen die, die uns überraschen. Die, die an unseren Vorurteilen rütteln und damit unseren Horizont erweitern. Damit ist "The Voice" bei Rai Due fast schon wieder ein bisschen öffentlich-rechtlich. Ein Glücksfall für alle Beteiligten.