Zu jahrzehntelangen Sparprogrammen kommt nun auch ein Personalmangel.
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Reformen beim Bundesheer sind bisher meistens im Ansatz steckengeblieben. Es galt zwar, grundsätzlich die Landesverteidigung in Österreich neu zu definieren oder zu bewerten, wie jedoch genau die Landesverteidigung effizient praktiziert werden soll und vor allem welche Fähigkeiten dazu benötigt werden, blieb stets von den budgetären Gegebenheiten abhängig. Die Landesverteidigung sollte zwar weiterhin als die "Kernaufgabe" beziehungsweise als die "ureigenste Aufgabe" des Bundesheeres erhalten bleiben, diese bilde das "Grundverständnis", hieß es, gleichzeitig müsse das Bundesheer jedoch "für künftige Bedrohungen fit gemacht werden".
Durch jahrzehntelange Sparprogramme wird das Bundesheer die konventionelle Landesverteidigung, also die Abwehr von Angriffen mit Panzern oder Artillerie, über viele Jahre weiterhin eingeschränkt beherrschen, trotz der inzwischen eingeleiteten milliardenschweren Investitionsvorhaben. Österreich besitzt ebenso noch keine Luftraumverteidigung, ähnlich wie in Deutschland existiert auch kein Fliegerbegleitschutz von Bodentruppen.
Zudem sieht sich das Bundesheer mit erheblichem Personalmangel konfrontiert: Dieser könnte für das Bundesheer sogar existenzbedrohend werden. Bis zum Jahr 2030 werden mehr als 8.000 Bedienstete des Bundesheeres in den Ruhestand versetzt werden. Auf dem Papier beträgt die Gesamteinsatzstärke zwar insgesamt 55.000 Soldatinnen und Soldaten, jedoch sind nur etwa 54 Prozent des Milizpersonals zu Übungen verpflichtet. Dies wirkt sich "negativ auf die Übungsfähigkeit der Miliz wie auch auf die Einsatzbereitschaft im Falle einer Mobilmachung aus", stellte der Rechnungshof im Jahr 2022 fest.
Der Krieg des russischen Präsidenten Wladimir Putin gegen die Ukraine hat in Österreich dazu geführt, dass sich im Nationalrat alle größeren Parteien zwar dazu bekennen, das Wehrbudget auf zumindest 1 Prozent des BIP anzuheben. Nur, ob das Bundesheer in die Lage versetzt wird, den Kampf der verbundenen Waffen zu führen, bleibt aus vielen Gründen (die Attraktivität des Arbeitgebers Bundesheer, sein Stellenwert in der Gesellschaft, daraus resultierend die künftige Personalstärke, die Bereitschaft zu künftigen Investitionsvorhaben) ergebnisoffen. Das Bundesheer benötigt auch Fähigkeiten zum Luftkampf gegen gegnerische Kampfflugzeuge zur Luftraumverteidigung (Fliegerabwehr, Raketenabwehr, Drohnenabwehr sowie zur Kampfunterstützung aus der Luft für Bodenkräfte Kampfhelikopter und auch bewaffnete Drohnen). Die bodengebundene Luftabwehr Österreichs bleibt nach wie vor völlig unzureichend. Zudem müssen für größere Übungen nach wie vor Fahrzeuge aus ganz Österreich zusammengezogen werden, es fehlen die Kampfunterstützungselemente in den Milizbataillonen.
Der breite Parteienkonsens im Nationalrat für eine Wiederaufrüstung des Bundesheeres scheint nun erreicht zu sein. Damit es jedoch seinen verfassungsgemäßen Auftrag annähernd erfüllen kann, wird es mindestens noch mehr als ein Jahrzehnt benötigen - unter der Voraussetzung, dass sich die Politik weiterhin bereit zeigt, die angekündigten Vorhaben auch wirksam umzusetzen.