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Quod est demonstrandum

Von Katharina Schmidt

Politik

Analyse: Bures muss Unabhängigkeit erst beweisen.


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Wien. Barbara Prammer hat es auch erst lernen müssen. Dass Doris Bures es aber schaffen wird, darf zu Recht bezweifelt werden. Es geht darum, das Amt des Nationalratspräsidenten mit der Unabhängigkeit zu erfüllen, die dem Posten im Staat gebührt.

Schon derzeit geriert sich das Parlament in den meisten Fällen eher als Erfüllungsgehilfe der Regierung denn als impulsgebende Legislative, als die es eigentlich in der Verfassung definiert ist. Gesetzesinitiativen der Regierung werden durchgewunken und abgenickt, wer dem - offiziell natürlich nicht vorhandenen - Klubzwang widersteht, wird bei der nächsten Wahl mit Mandatsverlust bestraft (siehe Sonja Ablinger, SPÖ). Trotz der Aufwertung des parlamentarischen Legislativdienstes sind die Gesetzesinitiativen, die tatsächlich aus dem Parlament kommen, rar - auch, weil die Ressourcen fehlen. Gleichzeitig werden Anliegen der Opposition in den Ausschüssen blockiert, bis sie durch Neuwahl verfallen.

In dieser Konstellation soll nun ausgerechnet Doris Bures Nationalratspräsidentin werden, deren Hauptqualifikation für dieses Amt die Loyalität zu SPÖ-Chef Werner Faymann ist. Wenn Bures, die bisher als Verkehrsministerin einen guten Job gemacht hat, den Misstrauensvorschuss gutmachen will, so hat sie ab Herbst Gelegenheit dazu: Ist der Hypo-U-Ausschuss installiert, wird Bures als Vorsitzende ihre Unparteilichkeit unter Beweis stellen und auch Zeugen laden müssen, denen das vielleicht unangenehm ist (Faymann zum Beispiel). Auch bei der geplanten Geheimhaltung kommt ihr eine wesentliche Rolle zu: Künftig liegt es an ihr, geheime Dokumente umzuklassifizieren. Die Geheimhaltungsstufe hat wiederum einen unmittelbaren Effekt auf die Medienöffentlichkeit einer U-Ausschuss-Sitzung.

Die Rolle der Nationalratspräsidentin ist künftig mit mehr Verantwortung verknüpft als bisher. Umso schwerer wird Bures’ Weg von der Parteisoldatin zur Vorkämpferin für einen starken Parlamentarismus.