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Drei Wochen vor dem EU-Gipfel von Nizza sieht Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die heftig diskutierte Institutionenreform und die Verhandlungen mit den Beitrittsländern relativ entspannt. Man brauche keine Angst vor übermäßiger Migration haben, bei "der Problematik der Tagespendler allerdings müsse man noch reden". Übergangsfristen und Quoten sind hier auszuhandeln. Auch für die Sicherheit von Atomkraftwerken muss gesorgt sein, betonte der Bundeskanzler: "Wir müssen drängen, dass Mindeststandards einzuhalten sind."
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Bezüglich des Fortgangs der Beitrittsverhandlungen würdigte Schüssel, dass die EU nun konkrete Zeitpläne vorgegeben habe: "Auch ist es gut, dass nicht mehr in Gruppen, sondern individuell verhandelt wird." Heikle Themen würden nun in drei Etappen abgehandelt: In der 1. Hälfte 2001 würden die Personenfreizügigkeit, Umweltfragen und Bodenerwerb diskutiert, die 2. Hälfte 2001 sehe Verhandlungen über Energie, Steuern, Landwirtschaft, Finanzkontrolle, Justiz und Inneres vor. In der 1. Hälfte 2002 stehen Fragen der Landwirtschaft, der Budget-Haushalt und institutionelle Fragen auf dem Verhandlungsplan. Erstmals sei auch die EUKommission bereit, Übergangsfristen einzuräumen. Auch bei Fragen der Umwelt und atomaren Sicherheit gebe es einen Schwenk.
Die Forderungen der Arbeitnehmervertreter, die Arbeitsmärkte erst dann zu öffnen, wenn in den Beitrittsländern 80 Prozent des österreichischen Lohnniveaus erreicht sind, hält Schüssel für problematisch, weil überzogen: "Das ist keine verhandelbare Position". Schon innerhalb Österreichs gebe es Regionen, die diesen Lohndurchschnitt nicht erreichen und er plädiert in dieser Frage für einen "flexibleren Ansatz". Derzeit gebe es mehr Österreicher die in Slowenien arbeiten, als umgekehrt. Die Tagespendler-Problematik müsse mit Übergangsfristen und Quoten geregelt werden. Doch insgesamt könnte der Beitritt der "Nachbarländer für die Grenzregionen wie das Burgenland eine große Chance sein". Für solche Gebiete seien die EU-Töpfe gefüllt - in den nächsten Jahren mit rund 350 Mill. Euro dotiert. Doch es gebe noch zuwenig Initiativen, die sich um diese Mittel bemühen: "Hier hängen wir zurück".
Eine wichtige bislang ungeklärte Frage lautet: "Was passiert mit den Regionen, die keine Beitrittskandidaten sind?" Dazu zählen Rußland, die Ukraine, Bosnien und Jugoslawien. Der Kanzler vermisst, angesichts der Potenziale der Balkan-Gebiete, Kreativität.