Neue Studie über Frauen-Gleichstellung in der Politik. | Wien. Wenn sich die EU-Regierungschefs zum Fototermin einfinden, dann scharen sich 26 Männer um eine Frau. Die heißt Angela Merkel, ist deutsche Kanzlerin und kann sich immerhin noch bis zum 27. September ihres Postens sicher sein. Dann wird gewählt, und Konkurrent Frank-Walter Steinmeier hat theoretisch die Chance, die Phalanx der Krawattenträger zu komplettieren.
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"Frauen in der Politik - im Rahmen der EU" heißt eine neue Studie, die am Mittwoch im Parlament präsentiert wurde. Die Ergebnisse der Untersuchung - es ist die erste größere Arbeit des Instituts für Parlamentarismus und Demokratieforschung - sind bemerkenswert. Sie zeigt, dass Politikerinnen keineswegs in allen EU-Ländern dünn gesät sind. Institutspräsident Werner Zögernitz und Studienleiterin Professor Melanie Sully weisen darauf hin, dass etwa Finnland nicht nur über eine Staatspräsidentin verfügt; dort sind die meisten Minister Ministerinnen. Stark sind Frauen auch in der spanischen Regierung vertreten. Der Sozialdemokrat José Luis Rodríguez Zapatero versprach vor den Wahlen, halbe-halbe zu machen, und hielt Wort. Die Spanier sind damit in der seltenen Lage, eine Verteidigungsministerin zu beobachten, die hochschwanger Paraden abnimmt. Österreich kann sich immerhin an die Fahne heften, dass man in punkto Gleichstellung deutlich über dem EU-Schnitt liegt.
Dieser ist laut Sully aber viel zu niedrig, hat doch die UNO als Ziel 30 Prozent Frauenanteil in politischen Entscheidungsgremien festgelegt. "Frauen-Quoten allein bringen nicht viel", weiß die Politologin. "Es muss auch Sanktionen geben." Hier bestünde etwa die Möglichkeit, dass eine Partei einfach nicht zur Wahl zugelassen wird, wenn sie die vorgeschriebene Quote nicht erfüllt. Eine gebräuchlichere Methode ist die "finanzielle Bestrafung" jener Listen, die zu wenig Frauen aufstellen. Dadurch würden rechts stehende Kleinparteien - diese sind tendenziell männlich dominiert - am stärksten getroffen, so Sully.
Frauenbeteiligung als Selbstverständlichkeit
Prinzipiell hält die Politologin Quoten für ein vorübergehendes Phänomen. Es gelte als Faustregel, dass Frauenquoten bei drei Wahlen angewandt werden müssten, bis sie nicht mehr notwendig seien, so Sully gegenüber der "Wiener Zeitung". Sie verweist auf das Beispiel Dänemark, wo in den 70er-Jahren eine 40-Prozent-Quote eingeführt wurde; die sich dann als überflüssig erwies, als eine adäquate Frauenbeteiligung zum Bestandteil der politischen Kultur geworden war.
Nur in Finnland konnten Frauen ganz zwanglos die politische Bühne erobern. Dort waren Quotenregelungen zu keiner Zeit notwendig, weiß Sully.