Zum Hauptinhalt springen

"Quoten nötig, um Ball ins Rollen zu bringen"

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Chefin der ING- DiBa Austria: "Habe die gläserne Decke selbst nicht gespürt". | Einzug in den Männervorstand der Frankfurter Zentrale. | Unternehmen mit Frauen im Vorstand meistern die Krise besser. | Wien. Im sechsten Stock des Galaxy Tower in der Praterstraße im zweiten Wiener Gemeindebezirk herrscht emsiges Treiben. Auf den Gängen zwischen den offen gestalteten Büros der Wiener Niederlassung der deutschen Direktbank ING-DiBa eilen freundlich grüßende Menschen geschäftig hin und her.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 14 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Die Chefin der ING-DiBa Austria, Katharina Herrmann, kennt alle ihre Mitarbeiter. Rund 120 sind es an der Zahl, die sich rund um die Uhr um 400.000 Kunden der Direktbank kümmern. Ab 1. Jänner 2011 ändern sich für die gebürtige Wiesbadnerin, die 2007 ihre Position als Marketing-Bereichsleiterin in der ING-DiBa Deutschland mit dem Posten des CEO für die kleine Österreich-Tochter tauschte, die Dimensionen - und auch der Verantwortungsbereich. Dann nämlich kehrt sie in die Frankfurter Konzernzentrale als Vorstandsmitglied zurück.

Einzige Frau im fünfköpfigen Vorstand

Wie ihr Vorgänger Klaus O. Schmidt wird Herrmann für Marketing, Vertrieb, Immobilienfinanzierung, Produkt- und Zielgruppenmanagement sowie das Call-Center zuständig sein - und das als einzige Frau im fünfköpfigen Vorstand der größten deutschen Direktbank, die im Geschäftsjahr 2009 rund 6,9 Millionen Kunden zählte und auf Retail Balances (Einlagen, Kredite, Depotvolumen) von 138,4 Milliarden Euro kam.

Ob sie das Gefühl hatte, es als Frau auf ihrem Karriereweg schwieriger gehabt zu haben als ein Mann? "Für mich war das nie ein Thema", sagt die schlanke 41-Jährige im dunklen Hosenanzug. Auch die sogenannte "gläserne Decke" - eine Umschreibung für die unsichtbaren Schranken, die Frauen am Aufstieg in höhere Positionen hindern - habe sie persönlich nicht gespürt. Das liege aber auch an der offenen Firmenkultur der ING-DiBa, wo sie 1998 nach einem Job im Zielgruppenmarketing der Commerzbank eine neue berufliche Heimat fand und von der Teamleiterin zur Abteilungsleiterin und schließlich zur Bereichsleiterin aufstieg.

Dass vielerorts Frauen mit der Einführung gesetzlicher Quoten in Führungspositionen gehievt werden sollen, löst bei Herrmann keine allzu große Begeisterung aus. "Ich bin generell kein Freund von Quoten, befürchte aber, dass sie manchmal notwendig sind, um den Ball ins Rollen zu bringen", sagt die Bankkauffrau und Betriebswirtin. Und sie kann es sich nicht verkneifen zu erwähnen, dass Unternehmen, in denen Frauen im Vorstand sind, besser durch die Finanzkrise gekommen seien als männlich dominierte Firmen.

"Finanzen sind kein Hobby"

Auf den Abschied von Wien kann sich Katharina Herrmann jetzt noch gründlich vorbereiten. Schwer fallen wird er ihr auf jeden Fall: "Ich werde Wien und die Kollegen sehr vermissen."

Äußerst angenehm sei auch die Zusammenarbeit mit ING-DiBa-Werbetestimonial Niki Lauda ("Ich hab doch nichts zu verschenken") gewesen. "Er passt prima zu unserem Unternehmen. Es ist verblüffend, wie deckungsgleich unsere Einstellungen sind", so Herrmann, die sich darüber freut, dass Sparen gerade eine Renaissance erlebt.

Den Erfolg der ING-DiBa führt sie neben den attraktiven Konditionen auf die Einfachheit und Transparenz der Produkte zurück. "Für die wenigsten Konsumenten sind Finanzen ein Hobby."

So wie einst Niki Laudas Airline Lauda Air mit dem Slogan "Service is our success" warb, so soll auch bei der ING-DiBa der Kunde König sein. Herrmann: "Wir sammeln laufend Feedback und Kundenwünsche, um unseren Service weiter zu verbessern." Ihrem Nachfolger übergibt sie nach 3,5 Jahren ein gut aufgestelltes Unternehmen. Zum Gewinn der deutschen ING-DiBa AG konnte die führende heimische Direktbank 2009 einen zweistelligen Millionenbetrag beisteuern.