Pharmaindustrie kontert Vorwurf der Ärztebeeinflussung. | Preisrabatte von 10 bis 25 Prozent für Hausärzte üblich. | Wien. Die Pharmaindustrie wehrt sich gegen Vorwürfe, sie betreibe ein lukratives Geschäft auf Kosten der Krankenkassen. Die Tageszeitung "Der Standard" zitierte aus einer Rabattliste, wonach Pharmafirmen Hausärzten mit Apotheke mengenbezogene Abschläge gewähren - teils schon ab der ersten Packung. Den Krankenkassen werde aber der volle Betrag weiterverrechnet.
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Werbungskosten, für die der Beitragszahler aufkommen muss? Nein, sagt Waltraud Janisch-Lang, Sprecherin des Generika-Verbandes: "Es ist legal, diese Rabatte zu gewähren." Lediglich Naturalrabatte, also Gratispackungen, sind seit 2005 verboten - und das nur bei Medikamenten, die von den Kassen bezahlt werden. In Österreich gebe es keinen wirklich freien Wettbewerb, betont Janisch-Lang: Der so genannte "Erstattungskodex" legt genau fest, welche Arzneimittel und welche Preise von den Krankenkassen bezahlt werden. Deshalb bliebe den Pharmaanbietern nur das Ausweichen auf Rabatte, um den Absatz zu steigern.
Diese sollen also durchaus beeinflussen, welches Medikament ein Arzt auswählt? "Das ist Teil des Wettbewerbs wie überall in der Wirtschaft", so Janisch-Lang. Jeder Arzt sei aber völlig frei in seiner Entscheidung.
Ja, es gebe Rabatte in Höhe von 10 bis 25 Prozent, bestätigt auch Otto Pjeta, Leiter des Medikamentenreferats der Ärztekammer. Aber: "Wir haben das nie unterstützt."
Jan Oliver Huber, Generalsekretär des Pharmaverbandes Pharmig, sieht kein Problem, solange die Preisreduktionen "vernünftig" seien: "Ich halte bis zu 20 Prozent temporär für vertretbar, etwa bei der Einführung eines neuen Produktes." Die meisten rabattierten Präparate seien ohnedies billiger als die Rezeptgebühr - damit entstünden den Kassen keine Kosten.
Auch den häufig geäußerten Vorwurf, die Pharmaindustrie unterstütze Ärztekongresse großzügig, wehrt Huber ab: Es würden nur Veranstaltungen gesponsert, die der fachlichen Fortbildung dienen. Er verweist auf einen selbst auferlegten Verhaltenskodex: Ab Sommer will die Pharmig Urteilssprüche bei Verstößen im Internet veröffentlichen - allerdings in anonymisierter Form.
Der Aut-idem-Regelung stehen sowohl Pharmig als auch Generika-Verband skeptisch gegenüber: Wenn künftig der Apotheker anstelle des Arztes das Präparat auswähle, sinke die Beratungsqualität.
Wissen: Generika
Ein Generikum ist die wirkstoffidente Kopie eines Original-Arzneimittels. Diese darf erst auf den Markt gebracht werden, wenn der Patentschutz des Markenpräparats ausgelaufen ist (meist 10 Jahre).
In Österreich ist jede vierte Medikamentenpackung, die in einer Apotheke verkauft wird, ein Generikum. Gemessen am Umsatz ist der Anteil deutlich geringer: 271,6 Mio. Euro oder 14,5 Prozent.
Der Grund für die Differenz: Im Schnitt kostet ein Generikum mit 5,58 Euro nur knapp mehr als die Hälfte eines Originalmedikaments (10,97 Euro).
In Österreich sind 14 Anbieter auf Generika spezialisiert, die mit Abstand größte Firma ist die Novartis-Tochter Sandoz mit 2.700 Mitarbeitern.
In Deutschland sind bereits 58 Prozent der verkauften Medikamentenpackungen Generika.
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