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Racheakt der Bin-Laden-Fraktion

Von WZ-Korrespondentin Agnes Tandler

Politik

Bisher schwerstes Attentat des Jahres. | Pakistan nach Tod des Al-Kaida-Führers in der Schusslinie der Islamisten. | Islamabad. Die Rache kam schnell: Knapp zwei Wochen nach der Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden in Pakistan starben mindestens 80 Menschen bei einem Selbstmordattentat auf ein Trainingslager des pakistanischen Militärs, mehr als 100 wurden verletzt. Zwei Attentäter sprengten sich am Freitagmorgen vor einem Armee-Stützpunkt im nordwestlichen Charsadda in die Luft, als ein Teil der Rekruten gerade das Lager verließ. Die meisten Opfer der Explosionen waren Soldaten.


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Die pakistanischen Taliban erklärten, der Angriff sei ein Vergeltungsschlag für den Tod Bin Ladens. Der Top-Terrorist war am 2. Mai in seinem Versteck im pakistanischen Abbottabad von US-Spezialtruppen getötet worden. Das Attentat auf die Militärschule in Charsadda ist das bislang schwerste in diesem Jahr.

"Wir haben dies getan, um den Vorfall in Abbottabad zu rächen", sagte ein Taliban-Sprecher. Pakistans Armee habe darin versagt, das Land zu schützen, erklärte er in Anspielung auf die Operation des US-Killerteams auf pakistanischem Boden. Die pakistanischen Taliban (TTP) hatten gleich nach Bekanntgabe der Tötung des meistgesuchten Mannes der Welt Rache geschworen. Die Tatsache, dass Amerikas Staatsfeind Nummer eins in Pakistan von US-Kräften getötet wurde, bringt Pakistan noch mehr in die Schusslinie der islamistischen Kämpfer. Das Land steht zudem im Verdacht, dem Al-Kaida-Chef in der Garnisonsstadt Abbottabad Unterschlupf gewährt zu haben. Geheimdienst und Militär des Landes verneinen dies vehement, wollen aber nicht ausschließen, dass "abtrünnige Elemente" in ihren Reihen Bin Laden geholfen haben könnten, sich in Abbottabad, ganz in der Nähe der Militärakademie, zu verbergen. Die beschauliche Kleinstadt liegt knapp 70 Kilometer von der Hauptstadt Islamabad entfernt.

Das Ziel des ersten Rache-Anschlages scheint nicht zufällig gewählt: Der Charsadda-Distrikt liegt unmittelbar an der Grenze zu Afghanistan. Die hier stationierten Militärkräfte kämpfen vor allem gegen islamistische Terrorgruppen, die im Grenzgebiet ihr Rückzugsgebiet haben. Und aus dem Charsadda-Distrikt soll angeblich auch Arshad Khan, der Besitzer jenes Hauses stammen, in dem sich der Al-Kaida-Führer über Jahre hinweg verbarg. Manche Analysten glauben, dass Arshad Khan der Deckname von Abu Ahmad al-Kuwaiti ist, einem Kurier von Bin Laden, der den amerikanischen Geheimdienst angeblich auf die Spur Bin Ladens brachte - ob wissentlich oder unwissentlich, ist nicht klar. Khan soll zusammen mit der Großfamilie Bin Ladens auf dem Gelände in Abbottabad gewohnt haben.

Die Al-Kaida selbst operiert in Pakistan nicht eigenständig, sondern bedient sich lokaler Terror-Outfits wie der TTP, die für zahlreiche blutige Attentate in der letzten Zeit verantwortlich ist. Die pakistanischen Sicherheitskräfte waren bereits in der Vergangenheit Zielscheibe für Anschläge gewesen. Die pakistanischen Taliban haben durch die strukturelle Umbildung der Al-Kaida 2006 an Einfluss gewonnen. Auch der Tod des Al-Kaida-Gründers könnte der islamistischen Terrorbewegung nun neue Kraft geben.

Ein terroristischer Feuersturm könnte das politisch labile Land mit Atomwaffen und einer Armee von über einer halben Millionen Soldaten noch weiter destabilisieren. Der Blutzoll, den Pakistan im Kampf gegen den Terror zahlt, ist ohnehin hoch. Tausende Zivilisten und Soldaten kamen seit 2001 bei Anschlägen oder Operationen gegen die Islamisten in Pakistan ums Leben.