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Radioaktivitäten

Von Manfred A. Schmid

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Viereinhalb Stunden pro Tag hören die Iren Radio. Sie stehen damit, wie gestern berichtet, europaweit an der Spitze - vor der deutschsprachigen Schweiz, Dänemark und Österreich (193 Minuten), während die Bürger aus den Mittelmeerländern offenbar wenig Lust auf Radiohören haben: Spanien, Italien und Griechenland (94 Minuten täglicher Radiokonsum) sind die Schlusslichter im europäischen Vergleich.

Dieses Ergebnis verlangt nach einer Erklärung. Negativ formuliert, könnte man meinen, dass der Grund für die große Beliebtheit des Hörfunks im schlechten Fernsehprogramm liegen dürfte. Positiv formuliert, wäre es die Güte der jeweiligen Radioprogramme, die dafür verantwortlich gemacht werden könnte. Obwohl einiges für die erstgenannte Vermutung spricht, will ich doch der zweiten Variante den Vorzug geben. Wer nämlich beispielsweise auf einer Urlaubsreise in Italien je das Autoradio eingeschaltet hat, um ein Klassik-Programm ausfindig zu machen, wird die Frustration kennen, die mit einer derartig fruchtlosen Anstrengung verbunden ist. Der mittelmeerische Sendersalat ist tatsächlich ungenießbar, und wer einmal bei einem RAI-Kanal fündig geworden ist, musste dann wohl mit wackelnden Ohren zur Kenntnis nehmen, dass die italienischen Klassik-Moderatoren meist endlos dazwischenquasseln.

Freilich ist zu berücksichtigen, dass die Studie über die Radiokonsumgewohnheiten in Europa über die Qualität und Art der gehörten Rundfunkprogramme keinen Aufschluss bringt. Welche Sendungen die Iren hören, und ob sie dabei wirklich zuhören oder nur eine Didldü-Geräuschkulisse laufen haben, ist nicht bekannt.