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RZB und deren Bank-Tochter RBI werden fusioniert. Für den Sektor eine Revolution.
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Wien. Im Raiffeisen-Sektor geht es derzeit zu wie in einem Bienenstock. Allerdings wird kein Honig produziert, sondern Gutachten sonder Zahl. Es geht um die Fusion zwischen der Raiffeisen Zentralbank (RZB) und ihrer 60-prozentigen Tochterbank Raiffeisen Bank International (RBI). Kommenden Dienstag wird diese tiefe Veränderung des größten Geldsektors Österreichs im Aufsichtsrat beschlossen werden.
Die Raiffeisen Landesbanken als Eigentümer der RZB stimmen dem zähneknirschend zu. Es geht darum, den Kapitalrumpf beider Giebelkreuz-Flaggschiffe hochseetauglich zu halten. Diese Veränderung wird deutlich. Denn die RBI notiert an der Börse, die RZB nicht. Mit der Fusion wird auch die RZB allen Börse- und Kapitalmarkt-Transparenzregeln unterliegen. Bisher haben sich die Landesbanken, vor allem Niederösterreich, Oberösterreich und Steiermark, unter sich ausgemacht, was in der RZB passiert. Für Beteiligungen und Kreditsyndizierungen war die RZB, die viel größer ist als ihre Eigentümer, beliebt.
Börse-Regeln auch für die RZB
Das wird bald Vergangenheit sein, denn ab 2017 wird auch die heutige RZB an der Wiener Börse notieren. Bis zuletzt wurde im Raiffeisen-Sektor um die jeweiligen Bewertungsgutachten gefeilscht. Die Landesbanken haben größtes Interesse, die RZB möglichst wertvoll darzustellen.
Die RBI wird an der Börse derzeit mit knapp 13 Euro je Aktie bewertet, das sind insgesamt rund 3,8 Milliarden Euro - was weniger als die Hälfte des harten Kernkapitals (7,7 Milliarden) ausmacht. Also wird die RBI zum Fusionsbeschluss auch deutlich höher bewertet werden, weil sich die Landesbanken massive Abwertungen der Beteiligung schlicht nicht leisten können.
Die Genossenschaftsbank-Sektoren in Oberösterreich und der Steiermark haben leise Abschreibungen zum Halbjahr durchgeführt. Daraus ergibt sich, dass diese beiden Landesbanken die RZB mit 4,9 Milliarden Euro bewerteten. Nun sind es 4,6 Milliarden. Die Hälfte davon stammt aus der RBI-Beteiligung. Es war also die Kapitalnot, die den sonst lieber in sich ruhenden Sektor zur Öffnung getrieben hat. Beim jüngsten Stresstest der Europäischen Zentralbank bestand Raiffeisen zwar die Prüfung, aber nur als Vorletzter.
Allein die Tatsache, dass künftig die RZB als RBI-Muttergesellschaft an der Börse notiert, bringt Milliarden an Kapitalpuffer, weil sogenannte Fremdanteile (der an der Börse gehandelte Streubesitz) nicht mehr abgezogen werden müssen. Das hört sich sehr technisch und kompliziert an, dahinter steckt aber die schiere Notwendigkeit, Kapital aufzusammeln, ohne dass die Raiffeisen-Oberen die Kontrolle über ihre Jumbo-Banken verlieren.
Syndikat gegen NÖ?
Durch die Fusion wird sich der Streubesitz an der gemeinsamen Bank von jetzt 40 Prozent deutlich verringern. Um die anderen Aktionäre, die sich eigentlich an einer Bank beteiligten, die in Osteuropa tätig ist, bei der Stange zu halten, läuft in der RZB ein großes Verkaufsprogramm. Die Uniqa-Versicherung wird weitgehend abgestoßen. Sie fällt aber nicht weg in die Uniqa-Privatstiftung, deren Chef Andreas Brandstetter seit Mitte der 1990er im beträchtlichen Raiffeisen-Reich tätig ist.

Zur RZB gehören auch die größte Bausparkasse Österreichs sowie alle Finanzdienstleistungen (wie Leasing), die ein Bankensektor mit Marktanteilen zwischen 30 und 50 Prozent so braucht. Ob die anderen Aktionäre große Freude damit haben werden, an einem eher margenarmen Österreich-Geschäft beteiligt zu sein, muss sich erst weisen. Die bisherige Reaktion war eher entmutigend, schon die Ankündigung der sektorinternen Fusion im April 2016 sorgte für einen Kursrutsch.
Raiffeisen hat aber keine andere Wahl. Eine Kapitalerhöhung bei der bestehenden RBI hätte dem dreistufigen Raiffeisen-Sektor die Kontrolle entzogen, weil er deutlich unter 50 Prozent gerutscht wäre. Gleichzeitig wäre das Kapitalproblem der RZB weiterhin ungelöst geblieben. Also beißen die mächtigen Genossenschaftsbanker in den sauren Apfel und stimmen nun der "R2" genannten Fusion zu. Das Projekt "R3", also die Integration von Geschäften der Landesbanken, ging nicht durch.
ÖVP gegen Christian Konrad
Denn so monolithisch das Giebelkreuz in Österreich dasteht, so zerstritten kann Raiffeisen auch sein. Niederösterreich ist mit 34 Prozent der größte Einzelaktionär der RZB, es folgen Oberösterreich und Steiermark mit jeweils 15 Prozent. Nun ist durchaus denkbar, dass die beiden Letzteren ihre Anteile mit einer dritten westösterreichischen Landesbank syndizieren, dann würde das mächtige Raiffeisen Niederösterreich überholt. Und der künftige Aufsichtsratspräsident der fusionierten RZB/RBI käme aus Linz oder Graz und nicht mehr aus Niederösterreich.
Doch bei Raiffeisen, das ursprünglich aus den Agrargenossenschaften stammt und über den Bauernbund mit der ÖVP eng verbunden ist, kommt derzeit einiges ins Rutschen. Der mittlerweile pensionierte Christian Konrad, der den heutigen Raiffeisen-Block aufbaute, ist noch bis Ende September Flüchtlingsbeauftragter der Regierung. Wegen seiner unbestrittenen Erfolge in der Flüchtlingsunterbringung wäre die SPÖ für seinen Verbleib gewesen. Es war die ÖVP, die sich dagegen aussprach, obwohl Konrad sie jahrelang erheblich unterstützt hatte.
Der Gründer der Genossenschaftsbewegung, Friedrich Wilhelm Raiffeisen, wäre entsetzt.