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Die Buwog-Privatisierung sei eine "abgekartete Sache" gewesen, so der Zeuge.
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Wien Ist dieser Mann glaubwürdig? Die Frage kreist um Michael Ramprecht, der am Mittwoch im Buwog-Prozess als Zeuge aussagt. Der einstige Kabinettsmitarbeiter von Finanzminister Karl-Heinz Grasser belastet seinen Ex-Chef schwer: Eine "abgekartete Sache" sei die Privatisierung der Bundeswohngesellschaften gewesen. Der ganze Prozess sei so beeinflusst worden, "dass der gewinnt, wo man den größten Vorteil hat".
Für Grassers Verteidiger ist klar: Ramprecht lügt, er will sich an Grasser rächen, weil dieser seinen Arbeitsvertrag nicht verlängert hat. Die Ankläger sehen in Ramprecht hingegen einen wichtigen und glaubwürdigen Belastungszeugen. Welcher Ansicht zu folgen ist, hat der Schöffensenat unter der vorsitzenden Richterin Marion Hohenecker zu entscheiden. Sie durchleuchtet Ramprecht während seiner ganztätigen Befragung genau.
Plech als "väterlicher Freund"
Der Kärntner Ramprecht lernte Grasser in Klagenfurt kennen. Er kam im Februar 2000 nach Wien, um in dessen Kabinett zu arbeiten. Von seinem Chef war Ramprecht damals begeistert. "Der Minister war für mich ein Heiliger", schildert er. Über Grasser sei er in Kontakt zum Immobilienmakler Ernst Karl Plech - dieser ist ebenfalls angeklagt, aber verhandlungsunfähig - gekommen. Mit der Zeit sei Plech ein "väterlicher Freund" geworden.
Im Juni 2001 schied Ramprecht aus dem Kabinett aus, er wurde Geschäftsführer der neu geschaffenen Bundesbeschaffungsgesellschaft (BGB). Zeitweise war er auch mit der Privatisierung der Buwog beschäftigt, er wurde aber "in der Halbzeit ausgetauscht", sagt Ramprecht. Bei der Privatisierung flossen laut Anklage Schmiergelder an Grasser, Plech, Peter Hochegger und Walter Meischberger. Bis auf Hochegger bestreiten das die Angeklagten.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Kabinett sei das Verhältnis zwischen Grasser und Plech enger geworden: "Da bin ich auch eifersüchtig gewesen", gesteht Ramprecht. Seine Beziehung zu Plech sei hingegen abgekühlt. Doch blieben sich die beiden verbunden. Ramprechts Bruder und seine Frau arbeiteten etwa bei dem Immobilienmakler.
Alles änderte sich im Frühjahr 2004. Damals gingen Ramprecht und Plech Tennisspielen. Plech habe klar verloren, was diesen geärgert habe, schildert Ramprecht. Die Stimmung danach sei nicht nur deswegen schlecht gewesen.
"Mir hat nicht gefallen, dass er meine Frau abgeworben hat", sagt er. Denn diese habe bereits einen sehr guten Job gehabt. Auch habe er sich immer wieder gefragt, warum gerade die Investmentbank Lehman Brothers 2002 damit beauftragt worden sei, die Privatisierung zu begleiten.
In dieser aufgeladenen Situation habe er Plech mehrmals angesprochen, was bei der Privatisierung wirklich vorgehe. "Lebst du hinter dem Mond? Das Ganze ist ja abgekartet", habe ihm Plech erklärt. Die Auswahl von Lehman und der - damals noch nicht erfolgte Zuschlag - seien eine ausgemachte Sache, hinter allem ziehe Grasser die Fäden, sei er von Plech aufgeklärt worden. Darüber sei er empört gewesen. "Plech hat gemerkt, dass es mir ernst ist", so Ramprecht. Der Makler habe ihm eine erhebliche Summe geboten, damit er sich ruhig verhalte. Das Angebot habe er abgelehnt.
"Warum sollte Plech Ihnen das erzählen?", fragt Richterin Hohenecker. Er habe einfach nicht lockergelassen und nachgehakt, betont Ramprecht. "Ich glaube nicht, dass er das vorhatte, es war aus einer Emotion heraus."
Nachher sei er "felsenfest überzeugt" gewesen, "dass ich die ganze Partie anzeigen werde". Sein Bruder und seine Frau - sie wurde kurze Zeit später von Plech gekündigt, der Bruder arbeitete noch länger dort - hätten ihn jedoch überredet, zu schweigen. Seine Frau habe nicht wollen, dass die Familie im medialen Rampenlicht stehe und er seinen Job verliere. Zudem habe Plech ihm gedroht, dass er ihn und seine Familie vernichte.
2006 verlor Ramprecht seinen Job. Damals lief seine auf fünf Jahre befristete Bestellung bei der BGB aus. Der Vertrag wurde von Grasser nicht verlängert. Dabei habe der Minister ihm zuvor versichert, dass er seine Stellung behalten werde, sagt Ramprecht.
Debatte um Rachegelüste
Ramprecht schrieb ein langes Mail an seinen Nachfolger und zwei weitere Beamte. "Wo ist der Minister, für den ich gekämpft habe?", fragte Ramprecht darin. Er fühle sich betrogen. "Seid in der nächsten Zeit ganz nett und ganz, ganz fair zu mir. Ich bin ein angeschossenes Raubtier, dass in diesem Bereich nichts mehr zu verlieren hat", schrieb er. Grassers Verteidiger lesen daraus Rachegelüste: Ramprecht lüge nun, um sich bei Grasser zu revanchieren.
Er wolle keine Rache an Grasser üben, sagt Ramprecht. "Für mich ist damals eine Welt zusammengebrochen." Seit Monaten sei vielen Menschen bekannt gewesen, dass er abgesägt werde, doch habe ihm das niemand erzählt. Auch nicht sein enger Freund und Kollege, der als sein Nachfolger bestellt wurde und der heimlich seine Ablöse betrieben habe.
Nach seiner Nichtverlängerung habe er zunächst weiter geschwiegen, da er sich dem mächtigen Grasser unterlegen gefühlt habe, so Ramprecht. Im Oktober 2009 bezeichnete er dann in einem "profil"-Interview die Privatisierung als "abgekartete Sache". Zuvor waren im September die ersten Vorwürfe rund um die Buwog medial bekannt geworden. Damals habe ihn der "profil"-Journalist angerufen und "mich so hingestellt, dass ich mit von der Partie war." Da sei er wütend geworden und habe spontan ausgepackt.
Aufhorchen lässt Ramprecht mit der Aussage, er habe pikante Gespräche mit Plech - um das Tennisgespräch soll es dabei nicht gehen - aufgezeichnet. Die Aufnahmen seien eine Lebensversicherung für ihn: Sollte ihm oder seiner Frau etwas passieren, würden sie veröffentlicht werden.