)
Das äußere Innviertel nimmt dem nahen Salzburg mit Preisvorteil Betriebe und Einwohner ab.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 10 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Lengau. Im äußersten Innviertel herrscht Goldgräberstimmung. Zu diesem Schluss kommt zumindest, wer so manchem Bürgermeister aus der Region beim Schwärmen zuhört. Ein Betriebsbaugebiet hier, ein Gewerbegebiet dort, Firmenansiedlungen fast überall. "Sobald Unternehmen da sind, ist es nochmal einfacher, neue anzuwerben", sagt Manfred Emersberger, Bürgermeister von Moosdorf, einer Gemeinde an der Grenze zu Salzburg.
Emersberger machte regionale Schlagzeilen, da es ihm gelungen ist, den Gewürzhersteller Zaltech mit 85 Mitarbeitern zur Übersiedlung aus dem Salzburger Anthering nach Moosdorf zu bewegen. Kommendes Jahr soll die neue Zentrale fertig sein. "Wir wären gerne in Salzburg geblieben, haben aber trotz intensiver Bemühungen keine Möglichkeit dazu bekommen", sagt Zaltech-Chef Helmut Gstöhl im "Wirtschaftsblatt".
So geht es derzeit offenbar mehreren Unternehmern in Salzburg, denn mit der Übersiedlung nach Oberösterreich ist Zaltech nicht allein. Hinter der Landesgrenze werden die Betriebe mit offenen Armen empfangen. In Moosdorf hat die Gemeinde außerhalb des Ortskerns mithilfe des EU-Fonds für die regionale Entwicklung Efre ein Betriebsgebiet erschlossen.
Es gibt langfristige Baulandsicherungsverträge und alles, was es für eine Betriebsansiedlung braucht: Für Straßenanbindung, Kanal-, Strom- und Internetanschluss hat die Gemeinde gesorgt. Bürgermeister Emersberger ist bereits mit weiteren Unternehmen im Gespräch, zwei davon sitzen aktuell noch in Salzburg.
Billige Grundstückeund kurze Verfahrensdauer
Ein ähnlich freundliches Umfeld finden Betriebe ein paar Kilometer weiter an der Salzburger-oberösterreichischen Landesgrenze entlang in Lengau (OÖ). Dort gibt es ein interkommunales Betriebsbaugebiet im Umfang von 30 Hektar. Auch dort ist von der Straße bis zum Strom alles bereitgestellt, die Bebauungsoption läuft zehn Jahre. Das besondere Zuckerl für die Betriebe ist die kurze Verfahrensdauer. "Wenn eine Firma kommt, dauert es zwischen sechs und acht Wochen, bis alles erledigt ist", sagt Erich Rippl, Bürgermeister von Lengau im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
In Salzburg würden die gleichen Verfahren bis zu 50 Wochen dauern, weiß Rippl von den Unternehmern. Der Bürgermeister nennt aber noch einen weiteren, den wohl wichtigsten Grund für die Goldgräberstimmung: die im Vergleich zu Salzburg unschlagbaren Grundstückspreise in Oberösterreich. "Bei uns beträgt der Quadratmeterpreis inklusive Infrastruktur 65 Euro, in Salzburger Gemeinden sind 150 bis 180 Euro normal", erzählt Rippl. In Eugendorf, gut 20 Minuten von Lengau entfernt, direkt an der Autobahn A1, würden sogar Grundstücke um 350 Euro pro Quadratmeter angeboten.
Dass der Preis eine entscheidende Rolle spielt, wird auch von betroffenen Unternehmen bestätigt. Bei KS Pharma steht der Umzug aus Hallwang, einer Nachbargemeinde der Stadt Salzburg, nach Lengau unmittelbar bevor. Der Spatenstich soll im Mai erfolgen, die Übersiedlung ist noch für dieses Jahr geplant. "Der Baugrund ist einer der Beweggründe. In Salzburg sind die Gründe in Stadtnähe unbezahlbar", sagt Bernhard Warnung, Produktionsleiter bei KS Pharma. Nachdem die bisherigen Kapazitäten am gemieteten Standort nicht mehr ausreichten, musste sich das Unternehmen um Alternativen umsehen.
Dabei spielen Landesgrenzen in den Köpfen der Unternehmer eine wesentlich geringere Rolle als in der politischen Wirklichkeit. So bezeichnet Emersberger die Landesgrenze als "Barriere", an der sich in den letzten Jahren wenig geändert habe. "Die 30-kV-Leitung endet auf der Salzburger Seite und fängt in Oberösterreich wieder an", sagt Emersberger. Mit den Nachbargemeinden in Salzburg gebe es "relativ wenige Berührungspunkte", sagt er.
Auch SalzburgerGemeinden beteiligt
In Lengau ist das etwas anders. Zwei oberösterreichische und zwei Salzburger Gemeinden sind am Verein für das Betriebsbaugebiet beteiligt, Lengau ist federführend. Auch die anderen Gemeinden würden daraus Profit ziehen. "Wir legen den Kirchturm um und schaffen Arbeitsplätze für die gesamte Region. Es ist besser, wenn die Betriebe fünf Kilometer weiterziehen, als wenn sie nach Tschechien abwandern", sagt Rippl.
Die Attraktivität des äußeren Innviertels beschränkt sich aber nicht nur auf Betriebe. Während Oberösterreich vor allem im Linzer Zentralraum an Bevölkerung zulegt und an den Randlagen Einwohner verliert, ist die Grenzregion zu Salzburg da eine Ausnahme. Die Kleingemeinde Perwang direkt an der Grenze zu Salzburg verzeichnet mit einer Bevölkerungszunahme von 34 Prozent von 2003 bis 2013 sogar einen oberösterreichweiten Rekordwert.
Moosdorf, die Gemeinde von Bürgermeister Emersberger, wuchs in der gleichen Dekade immer noch um 12 Prozent. Mattighofen, Sitz des oberösterreichischen Vorzeigebetriebs KTM, wuchs um 14 Prozent. Mit diesen Werten kann keine Gemeinde jenseits der Landesgrenze in Salzburg mithalten. Auch dieses Wachstum lässt sich zu einem Großteil mit den Grund- und Immobilienpreisen erklären.
Laut dem Immobilienatlas von immobilien.net beträgt der Durchschnittspreis für den Quadratmeter Baugrund im Bezirk Braunau rund 63 Euro, also in etwa jener Preis, den auch Bürgermeister Rippl aus Lengau für sein Betriebsbaugebiet nennt. Im angrenzenden Salzburger Flachgau liegt der durchschnittliche Quadratmeterpreis dagegen bei 279 Euro.
Bei Wohnhäusern ist der Unterschied nicht ganz so eklatant, aber immer noch groß genug, um die Wanderbewegung nach Oberösterreich zu erklären. Beim Hauskauf liegt der Durchschnittspreis im Bezirk Braunau bei 1639 Euro pro Quadratmeter, im Flachgau bei 3155 Euro.