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Merkel hat ein Problem. Und einmal geht es nicht um Griechen, Franzosen oder Italiener, ja nicht einmal um gestandene Linke, geschweige denn brave Sozialdemokraten. Merkels Problem ist ihre rechte Flanke. Die bröckelt seit dem Ende der FDP unter dem Aufstieg der Alternative für Deutschland, kurz AfD.
Innerhalb kurzer Zeit hat sich aus einer Single-Issue-Partei von Euro-Kritikern ein Sammelbecken für enttäuschte Rechte und Konservative (was keineswegs identisch ist) gebildet. Mittlerweile surft die AfD auf jenem vagen Sammelsurium an Themen, das rechte Populisten für etliche Wähler attraktiv macht: Gendern, Zuwanderung, Brüssel.
Merkel wird seit zehn Jahren dafür gelobt, dass sie aus der Union eine "moderne" Volkspartei gemacht hat. Stimmt. Allerdings wird jetzt der Preis dafür sichtbar: eine neue Bewegung am rechten Rand. Und prompt wird der deutschen Kanzlerin genau das zum Vorwurf gemacht.
Die Kritik zeugt von der Schizophrenie, die im Umgang mit dem rechten Rand vorherrscht. Positionen deutlich rechts der Mitte (wovon Rechtsextremismus scharf zu trennen ist) stehen unter zivilisierten Politikern (und solchen, die sich dafür halten) unter Quarantäne. Nur nicht anstreifen!, lautet die Devise. Das ist ein löbliches Konzept - es hat nur den Nachteil, dass diese Wähler nicht einfach verschwinden, sondern nach Alternativen suchen und - manchmal früher wie in Österreich, manchmal später wie in Frankreich oder Deutschland - auch finden. Einst gab es Flügelspieler, deren Aufgabe darin bestand, den Kontakt der rechten Wähler mit der Mitte zu halten. Aber die passten irgendwann nicht mehr zum neuen modernen Gewand, das sich die Volksparteien so sehnlichst zulegen wollten. Jetzt ist der Jammer groß, dass doch die großen Parteien die Ränder binden müssten.
Wie das sicher nicht geht, konnte gerade verfolgt werden: Nachdem die AfD in Sachsen 10 Prozent holte, ging Bayerns Ministerpräsident per "Bild" in die Gegenoffensive und forderte die Wiedereinführung von Grenzkontrollen zur Eindämmung der Asylantenflut, woraufhin natürlich Innenministerin Mikl-Leitner prompt auf den Zug aufsprang. Fragen der Rechtmäßigkeit und Sinnhaftigkeit sind da selbstredend irrelevant. Nur: Kopieren wird nicht reichen, wenn man Populisten Paroli bieten muss.
Linke Volksparteien haben übrigens ganz genau das gleiche Problem.