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Ränkespiel um Notenbankaktien

Von Dieter Friedl

Politik

Ewald Nowotny verhinderte Kapitalaufstockung bei ÖNB. | Sellitsch wollte höheren Aktienwert einklagen. | Wien. Wenn jemand wehrlos ist, kann man ihm leicht etwas wegnehmen. Wie etwa ein Aktienpaket von 20 Prozent an der Nationalbank zum Wert von rund 33 Millionen Euro (das rund 14 fache des Nominalwertes, jener Betrag der für die Aktien, laut Bankchef Nowotny, in der Bawag-Bilanz steht). Dass die Regierung dies überhaupt versuchen kann, daran ist die SPÖ nicht ganz unschuldig, manchmal holt einen eben auch die Vergangenheit ein.


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Wer überhaupt Aktien an der Notenbank hält ist eine spannende Geschichte und reicht bis ins Jahr 1955 zurück. Damals hatten die Politiker nämlich die Idee, dass man die Sozialpartner in die Verantwortung für die Währungspolitik mit einbinden sollte und bot 50 Prozent des Aktienkapitals (von damals 150 Millionen Schilling, heute sind es 12 Millionen Euro) an, wobei es gar nicht leicht war Käufer dafür zu finden.

Aufteilung zwischen Rot und Schwarz

Diese 50 Prozent sollte je zur Hälfte auf die rote und schwarze Reichshälfte aufgeteilt werden. Schlussendlich teilten sich die eine Hälfte zu gleichen Teilen die SPÖ (über den sozialistischen Verlag), Konsum und ÖGB, die schwarzen Anteile wurden von der Bundeskammer (heute Wirtschaftskammer), der Industriellenvereinigung, sowie Banken und Versicherungen übernommen. Wer ein Zwölftel des Aktienkapitals hielt, durfte einen Generalrat (eine Art Aufsichtsrat) nominieren. Als Besonderheit wurde dabei festgelegt, dass nur 10 Prozent Dividende ausgeschüttet werden dürfen und die Aktionäre nicht wie bei einer Aktiengeschäft üblich, am Wert des Unternehmens, sondern nur am reinen Aktienkapital beteiligt sind. Das heißt offiziell sind bis heute 1 Prozent der Aktien eben nur 120.000 Euro wert.

Kein Wertzuwachs für Aktionäre außer Bund

Seit vielen Jahren gab es daher den Versuch, den Aktionären zumindest durch eine Verzehnfachung des Aktienkapitals aus den Reserven der ÖNB einen gewissen Wertzuwachs zukommen zu lassen. Aber immer wieder gab es Politiker, die dies verhinderten. Ironie des Schicksals: Hauptverhinderer war Ewald Nowotny, nunmehr nicht zu beneidender Generaldirektor der Bawag. Nowotny, damals SP-Obmann im Finanzausschuss des Parlaments, wollte 1997 ein neues Notenbankgesetz verhindern. Er war gegen eine Aufstockung des Kapitals und meinte damals: "Das sind keine normalen Aktien, das bisherige Kapital ist durchaus ausreichend". So ändern sich die Zeiten.

Aber auch der derzeitige Chef des Bawag-Aufsichtsrates Siegfried Sellitsch hatte damals im Notenbankspiel eine durchaus interessante Rolle. Vor einigen Jahren wollten unter Federführung des einstigen Chef der Wiener Städtischen Sellitsch vier Aktionäre (darunter waren die Bawag und die Städtische) eine Klage beim Höchstgericht einbringen, um die unbefriedigende Situation der Aktionäre auszuhebeln. Eine entsprechende juristische Beweisführung wurde auch bei der Hauptversammlung der Notenbank eingereicht. Aber die rote Reichshälfte pfiff die ihr nahe stehenden Gruppen zurück und das Ganze verlief im Sande.

Konsum und SPÖ verkauften ihre Anteile

Was den Wert der Notenbankaktien betrifft gab es aber bereits einige Jahre vorher eine interessante Entwicklung, bei der die rote Reichshälfte durchaus an einem höheren Aktienwert interessiert war. Als im Jahr 1995 der rote Konsum, Flaggschiff der SPÖ, in den Konkurs schlitterte, musste die damals staatliche Postsparkasse das vom Konsum gehaltenen Aktienpakt (8,33 Prozent) zum 16fachen Nominalwert, also um 200 Millionen Schilling aufkaufen. Der damalige PSK-Chef Nößlinger argumentierte, man habe ein Gutachten anfertigen lassen, das diesen Wert ergab, außerdem glaubte er, dass es im Rahmen des EU-Beitritts auf alle Fälle eine Kapitalaufstockung aus Eigenmittel geben werde. Nur am Rande vermerkt: Die PSK wollte damals 30 Prozent der Bawag (es war dies der Anteil des Konsums) um 4 Milliarden Schilling übernehmen, kam aber nicht zum Zug, ein paar Jahre später kaufte die Bawag die PSK um 17 Milliarden.

Nicht lange nachher verkaufte auch die damals finanzschwache SPÖ ihr 8,33 Prozent-Paket, um 200 Millionen an ihr nahe stehende Firmen, die Bank Austria durfte 103, Bawag 86 und Städtische 11 Millionen Schilling an die SPÖ überweisen. SP-Gusenbauer gestern im Parlament: "Die sozialpartnerschaftliche Miteigentümerschaft hat sich bewährt", es sollte alles beim alten bleiben. Dann hätte man die SP-Anteile nicht verkaufen dürfen.

Neue Aufteilung der OeNB-Aktien

Daher rührt, dass die ursprüngliche Aufteilung von je rund 8 Prozent verloren ging und die Bawag durch die Fusion mit der PSK und den Gewerkschaftsanteilen auf 20 Prozent kommt, auch der Raiffeisensektor kaufte sukzessive zu und hat nun als Gruppe fast 13 Prozent. Den 50 Prozent-Aktionär Bund stört die schmähliche Behandlung seiner Aktien allerdings überhaupt nicht, er muss sich über die schmähliche Dividende von 600.000 Euro nicht grämen, da die Notenbank per Gesetz 90 Prozent des versteuerten Jahresgewinnes an den Bund abzuführen hat, das waren etwa 2004 schmale 267 Millionen, ein Jahr davor weit über 400 Millionen Euro. In politischen Kreisen werden auch Pläne ventiliert, dass nicht nur die erwähnten 20 Prozent, sondern auch die restlichen 30 Prozent ÖNB-Aktien an die Republik zurückfließen sollten. Für die Aktionäre ist dies bei den derzeitigen Preisvorstellungen nicht vorstellbar. Da man nicht einmal bereit ist der Bawag jenen Preis zu bezahlen, den sie selbst vor rund 10 Jahren für einen Teil des Aktienpakets berappen musste (ihr Aktienpaket wäre da 38,4 Millionen wert) ist die Bereitschaft zum Verkauf nicht vorhanden. Ein Aktionär zur "Wiener Zeitung": "Das kommt nicht in Frage!" Notenbankaktien scheinen somit in ihrem Wert zu sinken, vor 10 Jahren der Multiplikator 16, jetzt offiziell nur mehr das 14-fache.