Zum Hauptinhalt springen

Rapamycin kann den Krebs hemmen

Von Richard E. Schneider

Wissen
Krebs und Gene: Rapamycin kann das Wachstum von kleinzelligen Lungentumoren hemmen. Foto: MPG

Forschungserfolg von Innsbrucker Molekularbiologen. | Kooperation mit Berlin und Dundee. | Tübingen. Für das bisher als Immunsuppressivum eingesetzte Medikament Rapamycin, auch als Antibiotikum Sirolimus von den Osterinseln bekannt, wies der Innsbrucker Molekularbiologe Rainer Schneider mit einem internationalen Wissenschaftler-Team aus Berlin und Dundee/Schottland, eine tumorhemmende Wirkung nach. Rapamycin wird demnächst gegen maligne Tumore eingesetzt werden können und aus seinen Molekülverbindungen könnten neue Krebs-Medikamente entstehen.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 16 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Wissenschaftler des MBI (Center of Molecular Biosciences und des Instituts für Biochemie, Innsbruck, wiesen gemeinsam mit Kollegen des Planck-Instituts für Molekulare Genetik und des Charité-Krankenhauses, Berlin, sowie mit Neurowissenschaftlern der Ninewells Hospitals, Dundee, die krebshemmende Wirkung des Medikaments Rapamycin nach. Seit vielen Jahren wird Rapamycin in der klinischen Medizin als Immunsuppressivum bei Organtransplantationen eingesetzt, um die körpereigene Abwehr gegen das Transplantat zu überwinden. Nun zeigte das internationale Wissenschaftler-Team mit dem Innsbrucker Rainer Schneider den Wirkungsmechanismus von Rapamycin auf molekularer Ebene auf: Es inhibitiert in der Zelle das Enzym mTORC1, das seinerseits einen sog. Autophagy-Prozess bremst. Autophagy wird ein Prozess genannt, bei dem die Zelle ihre eigenen Moleküle abbaut, die sie nicht mehr benötigt. Gleichzeitig aktiviert Rapamycin die Protein-Phosphatase 2a (PP2A), die bekannt ist für ihren negativen Einfluss auf das Wachstum von Tumoren. PP2A interagiert mit Onkoproteinen und reguliert die Zell-Migration. Diese Doppelwirkung von Rapamycin hat den Aktivitätsverlust des Signalwegs SSH (Sonic Hedgehoc) zur Folge, den Tumorzellen für ihr Wachstum nutzen. Konkret wird hier der Transkriptionsfaktor GLI3 gehemmt, der seinerseits die Bildung des Gens Cyclin D1unterdrückt, das den Zellzyklus reguliert. Die Tumorzellen können deshalb nicht mehr weiter wachsen und die Tumorausbreitung wird gehemmt.

Wechselwirkungen auf molekularer Ebene

Weiter fanden die Biowissenschaftler um Dr. Schneider heraus, dass eine Wechselwirkung zwischen dem Protein PP2A und dem Zellregulator Cyclin D1 besteht: Wird das Enzym PP2A inhibitiert, wird das Gen Cyclin D1 stärker exprimiert. Doch wirkt das Medikament Rapamycin im Wesentlichen auf den Transkriptionsfaktor GLI3, der die Aktivität des Cyclins D1 hemmt. Ebenso wirkt das Protein PP2A auf GLI 3, nicht jedoch auf die beiden anderen Transkriptionsfaktoren GLI 1 und GLI 2. Die Beeinflussung von GLI 3 genügt jedoch, um das Tumorwachstum zum Stillstand zu bringen. Am Wachstum von Tumoren ist das Gen Cyclin D1seinerseits stark beteiligt. Es wird nachweislich von mindestens vier Transkriptionsfaktor-Systemen gesteuert. Eine davon ist die SHH-Signalweg-Kaskade. Über diese tumorfördernde SSH-Signalweg-Kaskade wirkt Rapamycin gegen Krebsarten wie maligne Melanome, Ovarialkarzinome, Glioblastome, kleinzellige Lungenkarzinome, Prostatakarzinome sowie Karzinome des Verdauungstrakts. Weiter bietet das Protein PP2A ebenfalls einen Ansatz für die Wachstumshemmung von Tumorzellen. Das bisherige Immunsuppressivum Rapamycin wird demnächst als Krebsmedikament eingesetzt werden können. Seine molekularen Bestandteile bieten weitere Ansätze für die Entwicklung neuer antitumoraler Medikamente.

Quelle: Cancer Research 2008, 68 (12); 4658-4665)