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Rapid-Charly, das Kauffmann-Double

Von Petra Tempfer

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Die Tochter ganz grün, der Sohn ganz grün, das Baby im grünen Strampler - ein echter Rapid-Fan ist er halt, der 63-jährige Charly in der gelungenen Folge von "Die Reportage" am Montag auf ATV. "I bin verliebt in Rapid", meint er nicht mehr ganz nüchtern bei einem Besuch der Reporter in seiner Wohnung, während im Hintergrund die Töpfe klappern und das grüne Baby schreit.

Diese Szenen scheinen tatsächlich aus dem Leben gegriffen, nichts wird beschönigt - aber auch nichts überzeichnet, was der Reportage eine belebende Authentizität verleiht. Allein schockierend ist, dass mit fortschreitender Stunde und wachsender Zahl an geleerten Bierflaschen Rapid-Charly zunehmend zu Hausmeister Kurti Blahovec (Götz Kauffmann) aus "Ein echter Wiener geht nicht unter" mutiert. Nahezu identisch sind seine Lall-Tiraden, die man sofort einem zur Höchstform aufgelaufenen Kurti Blahovec zuschreiben würde. Und selbst die Mimik rückt in Double-verdächtige Nähe, wenn man sich den markanten grünen Hut und die grünen Schals und Tücher ("I geb im Monat 400 Euro dafür aus") wegdenkt. "Die Reportage" bringt also die Erkenntnis, dass selbst Jahrzehnte nach dem Ende von "Ein echter Wiener geht nicht unter" der Kultserie ob ihrer Treffsicherheit bei der Inszenierung der Charaktere ein großes Lob ausgesprochen werden muss. Und die weitere Erkenntnis, dass es noch immer echte Wiener zu geben scheint. Zumindest, wenn sie eingefleischte Fußballfans sind - denn dann kehren sie während der Matches zu ihren Ursprüngen zurück ("Heast Du Trottel, schiaß endlich"). Innigster Dank gebührt also dieser Folge der "Reportage", weil sie die Reversibilität anerzogener Kultiviertheit mit einem überzeugenden Beispiel unter Beweis gestellt hat.