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Rascher Kapitalbedarf nährt Sorge vor einer Kreditklemme

Von Stefan Melichar

Wirtschaft

Nach Euro-Gipfel müssen Geldinstitute bis Mitte 2012 Bilanzpölster stärken.


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Wien. Jetzt drängt die Zeit: Die Staats- und Regierungschefs der Eurozone haben in der Nacht auf Donnerstag beschlossen, dass "systemrelevante" Banken in der Währungsunion ihre Kapitalausstattung - teils massiv - verbessern müssen. Die eng gesteckte Frist bis zum 30. Juni 2012 bringt auch österreichische Geldinstitute - allen voran die Raiffeisen Zentralbank (RZB) - in Zugzwang.

Neben der RZB sind hierzulande die Erste Group und die Österreichische Volksbanken AG (ÖVAG) betroffen, für die die europäische Bankenaufsichtsbehörde EBA einen vorläufigen Kapitalbedarf von insgesamt 2,9 Milliarden Euro errechnet hat. (Die Bank Austria wird von der EBA als Teil des italienischen Unicredit-Konzerns gesehen, ihre Bilanzzahlen fließen dort ein.) Den endgültigen Kapitalbedarf wollen die Bankenaufseher im November bekanntgeben, wenn sämtliche Daten für das dritte Quartal vorliegen.

Am günstigsten kommt - zumindest aus jetziger Sicht - die Erste Group weg: Die Bank brauche auf Basis der Halbjahreszahlen 59 Millionen Euro, hieß es in einer Aussendung. Hier sind die - vor wenigen Wochen bekanntgegebenen - Verluste noch nicht berücksichtigt. Finanzministerin Maria Fekter erklärte jedoch im ORF-Radio, dass sich die Erste mit diesen Abschreibungen "bereits restrukturiert" habe.

ÖVAG bald weg vom Radar

Deutlich massiver ist der Kapitalbedarf der ÖVAG: Die Volksbanken AG braucht 972 Millionen Euro. Kenner der heimischen Bankenszene gehen jedoch davon aus, dass das nur ein theoretisches Problem sein dürfte. Die ÖVAG befindet sich bereits in einer massiven Restrukturierung. Hält sie ihre Pläne - etwa zum Verkauf ihrer Rumänien-Tochter - ein, ist sie bald nur noch eine Regionalbank. Damit würde sie - als für Europa nicht mehr systemrelevant - vom Radar der EBA verschwinden, eine Aufstockung des sogenannten harten Kernkapitals auf neun Prozent wäre dann nicht mehr nötig.

Die größten Probleme mit dieser - nun deutlich erhöhten - Grenze, hat in Österreich somit Raiffeisen: Der RZB fehlen 1,9 Milliarden Euro. Wie die Bank erklärt, resultiert eine Milliarde Euro davon aus sogenanntem Partizipationskapital, das von privaten Investoren gezeichnet worden ist. Partizipationsscheine sind stimmrechtslose Vorzugsaktien, die nach der - nun strengeren - Definition nicht mehr zum Kernkapital zählen, sofern sie nicht vom Staat im Rahmen der Bankenhilfe gezeichnet wurden. Bei Raiffeisen will man nun mit den Investoren reden, ob eine Umwandlung des Partizipationskapitals in eine anrechnungsfähige Form der Beteiligung möglich wäre.

Reduktion des Risikos

Schwierigkeiten macht jedoch auch die Konzernstruktur. Anders als bei den bekannten Stresstests hat die EBA diesmal nicht die Raiffeisen Bank International, sondern ihre Mutter - eben die RZB - aufs Korn genommen. Dort gibt es jedoch Beteiligungs- und Konsolidierungseffekte, die die Kapitalquote mindern, wie zu hören ist. Dass bei Raiffeisen seit geraumer Zeit über eine Kapitalerhöhung nachgedacht wird, ist kein Geheimnis. Das Marktumfeld dafür ist derzeit freilich wenig einladend. Eine Alternative zur Aufbesserung der Kapitalquote ist - wie bei anderen Banken auch - eine Reduktion des Risikos, sprich des Kreditgeschäfts.

Experten bezeichnen den Abbau von Geschäftsteilen bei gleichzeitiger Vermeidung einer Kreditklemme als "Gratwanderung". Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner betonte am Donnerstag, dass die Liquiditätsversorgung der Klein- und Mittelbetriebe gegeben sein müsse. Er kündigte ein genaues Monitoring gemeinsam mit der Nationalbank an. Deren Gouverneur, Ewald Nowotny, bezeichnete im ORF-Radio die den Banken vorgegebenen Termine als "sehr kurz". Man werden sehr vorsichtig sein müssen. Eine Verringerung der Kreditvergabe sei "denkbar", weil Banken vermutlich kein weiteres staatliches Kapital aufnehmen wollen. FMA-Chef Helmut Ettl hält laut APA eine Umsetzung ohne staatliche Kapitalhilfen für "machbar".

Garantien wiederbelebt

Der Staat dürfte eher eingreifen müssen, was die Versorgung der Institute mit frischer Liquidität für das Tagesgeschäft anbelangt: Die EBA empfiehlt die Einrichtung staatlicher Garantieprogramme. Ein solches hatte Österreich 2008 ins Leben gerufen, es ist mittlerweile jedoch ausgelaufen. Aus dem Finanzministerium ist zu hören, dass das entsprechende Gesetz wahrscheinlich neu aufgelegt werden müsste. Über die Höhe will man noch nicht spekulieren. Offiziell heißt es im Büro Fekters, dass man die Konsequenzen aus den Gipfel-Beschlüssen prüfe.