Opposition wirft Regierung vor, das Gremium abdrehen zu wollen. | Ausschuss-Chef Bartenstein: Ende Anfang Dezember. | Wien. Der Spionage-Untersuchungsausschuss könnte bald Geschichte sein. Am Donnerstag ist es in der Geschäftsordnungssitzung des Gremiums zu einem Eklat zwischen Regierung und Opposition gekommen.
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Grund ist das letzte offene Beweisthema, die Frage nach versuchter Einflussnahme ausländischer Geheimdienste auf Mandatare (siehe Kasten). Dabei geht es vor allem um die Causa Kasachstan, also die Frage nach Kontakten von Abgeordneten zum kasachischen Geheimdienst.
Am Donnerstag wurden Zeugenladungen für drei Termine, nämlich den 24., 25. und 26. November, beschlossen. Die letzten zwei Tage sind dabei für die Geheimdienst-Causa reserviert. Befragt werden sollen der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, Peter Gridling, und der Chef des Verfassungsdienstes, Georg Lienbacher.
Der Opposition ist das zu wenig: Sie wollte Ex-Botschafter Rakhat Alijew und den ehemaligen SPÖ-Mandatar Anton Gaal, der Kontakte zum kasachischen Geheimdienst gehabt haben soll, befragen. Die Opposition glaubt zudem, dass SPÖ und ÖVP den Ausschuss nach dem 26. November mit Regierungsmehrheit "abdrehen" wollen.
Sondersitzungen und Zweidrittel-Blockade
FPÖ-Fraktionsführer Martin Graf sprach von einem "Tiefpunkt der 90-jährigen parlamentarischen Geschichte". BZÖ-Mandatar Ewald Stadler erklärte die Zusammenarbeit mit "der erbärmlichen Fraktion der SPÖ" und der "machtberauschten ÖVP" für beendet und kündigte eine weitere Sondersitzung an. FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache warf der Regierung eine "undemokratische Vorgehensweise" vor. Man werde auch weiterhin Zweidrittelmehrheiten blockieren. "Das läuft auf eine Kraftprobe hinaus", meinte auch der Grüne Karl Öllinger.
Anders sehen das naturgemäß die Regierungsparteien. SPÖ-Fraktionsführer Otto Pendl sprach erneut von einem "Politspektakel": Die Opposition fordere Zeugenladungen "weit über den Untersuchungsauftrag hinaus". Aber "hier sind die Behörden gefordert, ich will der Justiz nicht vorgreifen".
Auch Ausschuss-Chef Martin Bartenstein (ÖVP) erklärte, der Untersuchungsgegenstand sei "sehr eng gefasst", also würden auch die Zeugenladungen beschränkt. Der Opposition warf er vor, "in vielem den Bogen zuletzt überspannt" zu haben - etwa mit persönlichen Attacken auf SPÖ- und ÖVP-Abgeordnete.
Für ÖVP-Fraktionsführer Werner Amon ist der Vorwurf, die Regierung wolle den Ausschuss abdrehen, eine "Unterstellung". Pendl verwies darauf, dass geplant war, den U-Ausschuss mit Mitte Dezember zu beenden. Einen früheren Termin nennt Bartenstein: "Nach heutiger Beschlusslage sind die Arbeiten Anfang Dezember abgeschlossen."
Die Opposition hat in der Nationalratssondersitzung am Donnerstag gleich einen neuen U-Ausschuss beantragt. Neben Kasachstan sollte darin auch die Rolle von ÖVP-Altkanzler Wolfgang Schüssel beim Kauf der bulgarischen MobilTel durch die Telekom Austria untersucht werden. Der Antrag wurde aber von den Regierungsparteien abgeschmettert.
Heute, Freitag, wird der U-Ausschuss in einer Präsidialsitzung thematisiert.
Wissen
Der Beweisbeschluss zum Thema "Versuchte Einflussnahme ausländischer Geheimdienste auf aktive und ehemalige Mitglieder des Nationalrates" im Wortlaut:
"Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls auf welche Weise (...) Angehörige ausländischer Geheimdienste (...) Einfluss auf die parlamentarische Arbeit von Abgeordneten genommen haben, ob und gegebenenfalls welche österreichischen Staatsbürger (.. .) involviert waren, ob die betroffenen Abgeordneten von der Beeinflussung Kenntnis erlangten, und ob im Zusammenhang mit dieser Beeinflussung Vorteile an politische Funktionäre oder Dritte gewährt wurden.
Aufklärung darüber, ob und gegebenenfalls wann das Bundesamt für Verfassungsschutz von Vorfällen (...) Kenntnis erlangte, und ob und gegebenenfalls welche Schritte zur Information (...) und zum Schutz des Nationalrates (...) ergriffen wurden."