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Bevor der Ball bei der WM in Russland auf dem grünen Rasen rollt, wurde noch schnell Welt- und Wirtschaftspolitik gemacht. Das Turnier 2026 wurde an die USA, Kanada und Mexiko vergeben. Marokko fiel beim Kongress des Weltverbandes Fifa durch. Die Fifa hat das Geld gewählt - mit diesem Urteil ist man schnell zur Hand. Freilich ist es nicht wegzuwischen: Ganz offen hat die Dreierallianz mit Erträgen von 14 Milliarden US-Dollar geworben, da konnte Marokko nicht mit. Doch auch aus anderen Gründen erschien die Wahl eine logische. In Nordamerika sind alle Stadien vorhanden, in Marokko hätten neun komplett neu gebaut werden müssen.
Freilich hätte eine WM dort ihren Reiz gehabt. Die Menschen in Afrika sind begeisterungsfähig für das runde Leder, und sie durften erst einmal eine WM auf ihrem Kontinent begrüßen. Alleine für Marokko war es die fünfte erfolglose Bewerbung. Zudem sollten nötige Infrastrukturmaßnamen angeschoben werden. Dass diese vor allem einer reichen Elite zugutegekommen wären und die Vergangenheit gelehrt hat, dass sich die Lebensumstände für die Bevölkerung durch die Austragung eines Großereignisses kaum bessern, kann dabei als Trost dienen.
Und doch hinterlässt der deutliche Sieg einen schalen Beigeschmack. Denn die WM 2026 ist nicht nur ein von vielen abgelehntes Mammutprojekt mit 48 Teams und 80 Spielen, das Einzelbewerbern von vornherein einen Startnachteil verschafft. Sie ist gewissermaßen auch eine Mogelpackung. Unter dem Slogan "United" suggeriert sie Einigkeit in Nordamerika, während selbst dort Kritiker monieren, dass Kanada und Mexiko mit je zehn Spielen deutlich benachteiligt werden. Gleichzeitig will Donald Trump eine Mauer zu Mexiko bauen und hat kein Problem damit, Kanadas Premier Justin Trudeau öffentlich zu diffamieren. Den Zuschlag kann der US-Präsident nach dem Gipfel mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un als zweiten Erfolg binnen zwei Tagen für sich verbuchen - ehe nun die große Show des russischen Präsidenten Wladimir Putin, des zweiten wichtigen globalen Politspielers, folgt. Dem Applaus der Delegierten nach ist kaum zu erwarten, dass seine umstrittene Außenpolitik sowie der Umgang mit Minderheiten der Fifa rasend große Sorgen bereiten. Ironie am Rande: Ausgerechnet während er mit den Funktionären zusammentraf, gab Spanien die Trennung von Teamchef Julen Lopetegui bekannt. Für kurze Zeit stellte diese Meldung die Ereignisse beim Kongress in den Schatten. Es sind eben immer noch die Protagonisten, die die Fans in ihren Bann ziehen. Das sollte die Fifa bei ihren politischen und wirtschaftlichen Ränkespielen nicht vergessen.